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Analyse des menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen

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Diese hängen dann allerd<strong>in</strong>gs wiederum von den Bewertungsressourcen ab, die<br />

der e<strong>in</strong>zelne Mensch aufgrund se<strong>in</strong>er Erfahrungen zur Verfügung hat. So gibt es<br />

Feuerwehrmänner, die zwar wissen, dass Feuer gefährlich ist, die Bedrohlichkeit<br />

e<strong>in</strong>er Situation wird ihnen aber erst dann deutlich, wenn sie im Feuer stehen. Ebenso<br />

gibt es Menschen, die Feuer als bedrohlich e<strong>in</strong>schätzen, aber die Hitze <strong>in</strong> ihrer<br />

tatsächlichen Intensität erst dann bedrohungsgerecht bewerten, wenn sie direkt mit<br />

e<strong>in</strong>em Feuer Hautkontakt haben. Ähnliche Fälle konnten bei Sturmkatastrophen<br />

und bei Überschwemmungen (Dok. 18, 26, 29) beobachtet werden. Die e<strong>in</strong>fache<br />

Feedback-Schleife dom<strong>in</strong>iert das Verhalten auch beim Sprung aus dem Fenster bei<br />

e<strong>in</strong>er Brandkatastrophe (Dok. 35). Besonders deutlich wird der hier beschriebene<br />

e<strong>in</strong>fache Feedback-Bedrohungskreis im Gesundheitsverhalten. Viele gehen erst<br />

zum Arzt, wenn sie bereits unter Leidensdruck stehen.<br />

Die Feedback-Bewertung von bedrohlichen Ereignissen ist e<strong>in</strong> Grundmuster, das<br />

bei den Menschen für das Lernen von bestimmtem Verhalten vorherrscht. Es ist<br />

e<strong>in</strong> Lernen von der Hand <strong>in</strong> den Mund. Gelernt wird nur auf Sicht bzw. auf Wahrnehmung.<br />

Reagiert wird demgemäß nur auf das, was unmittelbar perzeptiv registriert<br />

wird.<br />

Das können Objekte der visuellen Information se<strong>in</strong>, das können auditive Ereignisse<br />

se<strong>in</strong>, aber genauso kommen <strong>in</strong> Bedrohungssituationen taktile bzw. haptische<br />

E<strong>in</strong>drücke <strong>in</strong> Frage.<br />

Die beschriebene e<strong>in</strong>fache Feedback-Schleife zur Verarbeitung unmittelbarer<br />

Bedrohungsfaktoren reicht <strong>in</strong> der Regel für unsere Umwelten nicht mehr aus. Dies<br />

gilt sowohl für den zeitlichen Verlauf der Bedrohungsbewertungen als auch für<br />

solche Situationen, die durch die S<strong>in</strong>nesorgane nicht mehr wahrgenommen werden<br />

können. Das s<strong>in</strong>d z.B. radioaktive Stoffe und giftige chemische Substanzen<br />

gleichermaßen.<br />

Für das Überleben ist die unmittelbar wirkende Rückmeldung von grundsätzlicher<br />

Bedeutung. In den Anfangsphasen e<strong>in</strong>es Erdbebens dauert es relativ lange bis die<br />

Menschen auf das Beben mit ihrem Verhalten ansprechen. Bis zu 11 s kann dies<br />

dauern. Das hängt mit der Rückmel<strong>des</strong>ensibilität <strong>des</strong> e<strong>in</strong>zelnen Menschen zusammen.<br />

So vergeht wichtige Rettungszeit (Dok. 1). Das Individuum benötigt bei<br />

direkten Bedrohungen die sensorische E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glichkeit der Rückmeldung. Offensichtlich<br />

vergessen die Menschen auch ihre erlernten Selbstrettungsaktionen.<br />

Zuerst wird der schwankende Körper stabilisiert, bevor Schutz gesucht wird.<br />

Das Problem <strong>des</strong> unmittelbaren Umraumes mit se<strong>in</strong>en Feedback-Kontrollen wurde<br />

auch beim Flugzeugunglück <strong>in</strong> Ramste<strong>in</strong> deutlich. Das Feuer musste schon<br />

durch se<strong>in</strong>e Hitze wirken, bis es zu Rettungsaktionen kam. So gab es e<strong>in</strong>e Situation<br />

(Abb. 8), <strong>in</strong> der e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Junge schreiend die Flucht ergreift, die Erwachsenen<br />

aber bleiben im Bedrohungsbereich stehen.<br />

Die E<strong>in</strong>stellung auf die direkte Warnwirkung durch das unmittelbare Feedback<br />

trägt auch dazu bei, dass die Entwicklung von Bränden falsch e<strong>in</strong>geschätzt wird.<br />

Die beobachteten Menschen haben ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schätzungsrichtwerte für Feuerentwicklungen.<br />

Das zeigt sich auch bei Brandentdeckungen <strong>in</strong> Häusern. So soll beim<br />

Hochhausbrand <strong>in</strong> Sao Paulo am 01.02.1974 der Brandentdecker zuerst den Strom<br />

abgeschaltet haben anstatt zu löschen. Als er zurückkam, hatte sich das Feuer<br />

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