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Analyse des menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen

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(1.) Das kalkulierbare Risiko<br />

Hierbei handelt es sich um e<strong>in</strong>e Risikosituation, die <strong>in</strong> ihrer Entwicklung relativ<br />

genau vom Individuum e<strong>in</strong>geschätzt werden kann. E<strong>in</strong> typisches Beispiel<br />

hierfür ist der E<strong>in</strong>sturz der Tacoma-Brücke (Dok. 10). Die Brücke begann zu<br />

schw<strong>in</strong>gen, und die Schw<strong>in</strong>gungen schaukelten sich allmählich hoch. Dies<br />

benötigt Zeit. So wird die Bewegung der Brücke von e<strong>in</strong>em Menschen relativ<br />

lange beobachtet, bis se<strong>in</strong>e Fluchtaktion e<strong>in</strong>setzt. Se<strong>in</strong> Tim<strong>in</strong>g wurde richtig<br />

gewählt. Besonders aufschlussreich ist auch das Verhalten der Menschen <strong>in</strong><br />

verschiedenen Katastrophengebieten (Dok. 18, 20, 26, 28, 29, 39, 45). Es entwickeln<br />

sich im Laufe der Katastrophenereignisse regionalspezifische und<br />

katastrophenspezifische Verhaltensmuster. Regionen, die von Überschwemmungen,<br />

Wirbelstürmen oder Vulkanausbrüchen fortlaufend heimgesucht<br />

werden, s<strong>in</strong>d für die dort lebenden Menschen nicht nur regionale Geläufigkeiten,<br />

sondern es werden auch dort die e<strong>in</strong>zelnen Aktionsprogramme für Rettungsmaßnahmen<br />

erhalten und über die e<strong>in</strong>zelnen Generationen weitergegeben.<br />

Das s<strong>in</strong>d die Gründe, weshalb sich Menschen <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong><br />

katastrophenbedrohten Regionen relativ ruhig verhalten, wenn sich e<strong>in</strong>e<br />

Katastrophe anbahnt. Dies gilt für Katastrophen, deren <strong>in</strong>nere Gesetzmäßigkeiten<br />

bekannt s<strong>in</strong>d. Geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d damit z.B. allmählich ansteigende Fluten,<br />

allmählich ausbrechende Vulkane, stetig heftiger werdende Stürme. E<strong>in</strong>kalkuliert<br />

ist hierbei nicht nur die organisierte und zielbestimmte Evakuierung, sondern<br />

auch die möglicherweise nötige Rettung. Selbst Menschen, die sich auf<br />

Bäume gerettet haben (Dok. 18, 28), verhalten sich dort der Lage entsprechend<br />

relativ ruhig und organisiert. Festhalten, Klettern, Abwarten, Schutzräume<br />

Aufsuchen u.v.m. s<strong>in</strong>d von den E<strong>in</strong>heimischen wohl organisierte Verhaltensprogramme.<br />

Selbst der E<strong>in</strong>sturz von Kirchen und der eigenen Häuser<br />

wird oftmals erwartet und im Zuge <strong>des</strong> e<strong>in</strong>tretenden Ereignisses kommentiert.<br />

Schwierigkeiten können nur dann auftreten, wenn die Naturkatastrophe den<br />

Erwartungshorizont übersteigt. Die Risiken s<strong>in</strong>d jetzt auch für die e<strong>in</strong>heimische<br />

Bevölkerung nicht mehr ohne weiteres kalkulierbar.<br />

(2.) Das nicht kalkulierbare Risiko<br />

Nicht kalkulierbare Risiken s<strong>in</strong>d Ereignisse, die dem Individuum <strong>in</strong> ihrer Entwicklung<br />

nicht mehr geläufig s<strong>in</strong>d. Es fehlen darüber Erfahrungen und auch<br />

Wissen. Aufschlussreich s<strong>in</strong>d die fließenden Übergänge vom kalkulierbaren<br />

zum nicht kalkulierbaren Risiko. Verliert z.B. e<strong>in</strong> Flugzeug bei se<strong>in</strong>er Landung<br />

auf e<strong>in</strong>em Flugzeugträger e<strong>in</strong>e Bombe (Dok. 22), die sich überschlagend<br />

von e<strong>in</strong>em Menschen wegbewegt, dann ist dieser nicht unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> Gefahr.<br />

Bewegt sich doch der gefährliche Gegenstand von ihm weg. E<strong>in</strong>e solche Kalkulation<br />

stimmt bei e<strong>in</strong>er Bombe allerd<strong>in</strong>gs nur dann, wenn die Bombe nicht<br />

scharf ist. Kann sie aber Detonieren, ist e<strong>in</strong> hohes akutes Risiko gegeben. Das<br />

muss aber e<strong>in</strong>kalkuliert werden, und zwar durch Erfahrung oder <strong>in</strong> diesem<br />

Falle auch durch Wissen. Die falsche Kalkulation trug dazu bei, dass der Filmreporter<br />

dieses Vorganges durch die Explosion der Bombe getötet wurde.<br />

Nicht kalkulierbar s<strong>in</strong>d also Risiken, die aus den bekannten Ereignismustern<br />

ausbrechen. Flugzeuge, die landen, kommen normalerweise nach e<strong>in</strong>er<br />

bestimmten Bremszeit zum Stehen. Ist dies aber durch irgendwelche Gründe<br />

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