13.02.2013 Aufrufe

Analyse des menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen

Analyse des menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen

Analyse des menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Menschen suchen die Umfriedung ihres Hauses auf, auch wenn dieses lichterloh<br />

brennt. Sie erkennen nicht den aktuellen Zustand der Situation, sondern reproduzieren<br />

die Vergangenheit. Prä- und Prospektiv<strong>in</strong>formation s<strong>in</strong>d bereits ausgefallen.<br />

Die beiden Beispiele reichen aus, um zwei Prozesse aufzuzeigen, die <strong>in</strong> solchen<br />

Extremsituationen ablaufen. Auf der Helferseite ist es notwendig, mögliche Verhaltensentwicklungen<br />

der zu rettenden Menschen e<strong>in</strong>zukalkulieren. Dazu muss<br />

über die gerade ablaufende Situation h<strong>in</strong>ausgedacht werden. Das ist <strong>in</strong> der Ausbildung<br />

systematisch zu lernen. Auf der anderen Seite haben wir Menschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

lebensbedrohlichen Situation. Sie s<strong>in</strong>d nicht mehr <strong>in</strong> der Lage, Situationen vorauszudenken<br />

und zu übersehen. Ihre Informationsverarbeitung greift auf Basismuster<br />

zurück, die dann weitgehend automatisch ablaufen. Es stehen sich demgemäß<br />

E<strong>in</strong>satzkräfte mit funktionsfähiger Prospektiv<strong>in</strong>formation und bedrohte<br />

Menschen mit e<strong>in</strong>geschränkter Informationsverarbeitung direkt gegenüber.<br />

Die überlebensstrategische Bedeutung der Prospektiv<strong>in</strong>formation soll noch an<br />

weiteren Beispielen präzisiert werden. Hervorzuheben ist der Funktionszusammenhang<br />

zwischen Prä<strong>in</strong>formation und Prospektiv<strong>in</strong>formation. Wie bereits betont<br />

wurde, transportiert die Prä<strong>in</strong>formation das reale Bedrohungsszenario <strong>in</strong> das<br />

Gehirn. Bedroher, Naturgewalten u.ä. werden <strong>in</strong> der gegenwärtigen Situation<br />

gesehen bzw. gehört und im Normalfalle verarbeitet. Um aber z.B. die Bewegungsrichtung<br />

e<strong>in</strong>es brennenden Menschen genau ausmachen zu können, muss<br />

man se<strong>in</strong>e Körperkonturen erkennen oder die Konturen <strong>des</strong> Feuers. Daraus schätzt<br />

dann das menschliche Gehirn die Bewegungsrichtung und -geschw<strong>in</strong>digkeit. S<strong>in</strong>d<br />

diese beiden Größen visuomental ermittelt, dann beg<strong>in</strong>nt die Vorauskalkulation<br />

der zu erwartenden Laufrichtung z.B. <strong>des</strong> brennenden Menschen und <strong>des</strong><br />

Zusammentreffens mit den nun ebenfalls laufenden Rettungskräften. Der Zeitpunkt<br />

<strong>des</strong> Zusammentreffens ist für das Überleben <strong>des</strong> brennenden Menschen<br />

wichtig. Hier geht es um Sekunden. Können die E<strong>in</strong>satzkräfte schlecht oder nicht<br />

vorauskalkulieren, weil sie z.B. nicht wissen, dass das Gehirn am schnellsten reagiert,<br />

wenn auf die Konturen geschaut wird, dann ist dieser Mensch verloren. Dieses<br />

Beispiel steht für viele Situationen <strong>des</strong> Vorausdenkens.<br />

Die Prospektiv<strong>in</strong>formation ist auch unerlässlich, wenn E<strong>in</strong>sätze geplant und Rettungskräfte<br />

geführt werden müssen. Die Vorauskalkulation von Lagen ist für das<br />

rechtzeitige E<strong>in</strong>treffen von E<strong>in</strong>satzkräften am richtigen Ort unerlässlich. Das<br />

Funktionieren der Prospektiv<strong>in</strong>formation hängt allerd<strong>in</strong>gs davon ab, <strong>in</strong>wieweit die<br />

notwendige Information im E<strong>in</strong>satzzentrum zur Verfügung steht und bewertet werden<br />

kann. Verheerend wirken sich Bedrohungsszenarien aus, wenn dem Lagezentrum<br />

die Lage davonläuft. In solchen Fällen ist die Prospektiv<strong>in</strong>formation<br />

zusammengebrochen. Die E<strong>in</strong>satzleitung verarmt taktisch. Ausbildung und<br />

Distress spielen hierbei e<strong>in</strong>e auslösende Rolle (vgl. Kap. 5.4).<br />

Bedrohungssituationen und damit ihre Profile bauen sich unter Umständen blitzartig<br />

auf. Sie gehorchen meistens e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>neren Logik. Damit ist gesagt, dass die<br />

daran beteiligten Menschen untere<strong>in</strong>ander oder mit den Naturgewalten je<strong>des</strong> Mal<br />

spezielle kommunikative Strukturen und Funktionen e<strong>in</strong>setzen und gegebenen-<br />

75

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!