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Analyse des menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen

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tionsdivergenz veranlasst das menschliche Gehirn, sich ständig auf neue Situationen<br />

umzuprogrammieren. Das zeigt sich auch im EEG durch die P 300-Komplexe<br />

(Ungerer 1986). Wird die Divergenz zu groß, dann wird die gerade e<strong>in</strong>strömende<br />

Information ignoriert. Sie fällt gewissermaßen aus. Das sensorische System <strong>des</strong><br />

Bedrohten versucht dann den Anschluss durch Informationssprünge wieder herzustellen.<br />

Liegen dazwischen aber Bedrohungsvariablen, die lebensgefährlich se<strong>in</strong><br />

können, dann werden diese übersehen. Hieraus erklären sich die vielen <strong>menschlichen</strong><br />

Fehlhandlungen, die durch Übersehen und Überhören e<strong>in</strong>er Information<br />

zustande kommen. Straßenverkehr und Flugverkehr sowie die E<strong>in</strong>satzszenarien<br />

bei Katastrophen s<strong>in</strong>d davon betroffen.<br />

E<strong>in</strong> weiterer dysfunktionaler Stressfaktor s<strong>in</strong>d die lakunären Informationsströme.<br />

Die e<strong>in</strong>strömende Information, aber auch die <strong>in</strong>ternen Informationsströme<br />

weisen Löcher auf. Die Löcher verursachen zuerst Mikroausfälle, d.h. Zahlen auf<br />

Armaturenbrettern werden übersehen. In den Cockpits von Flugzeugen hat dies<br />

verhängnisvolle Folgen. Werden die Lakunen größer, dann kommt es zu größeren<br />

Ausfällen. K<strong>in</strong>der oder gar Fahrzeuge werden im Straßenverkehr übersehen.<br />

Das menschliche Gehirn hat die Eigenart, die <strong>in</strong>formationellen Leerstellen <strong>in</strong> der<br />

Informationsverarbeitung abzudichten, gewissermaßen zuzustopfen. Dies gel<strong>in</strong>gt<br />

dadurch, dass <strong>in</strong>terne Information, herkömmlich verstanden als Phantasie, herangezogen<br />

wird. Dadurch erkennen die bedrohten Menschen oftmals D<strong>in</strong>ge, die<br />

objektiv nicht vorhanden s<strong>in</strong>d. Erlebnisberichte s<strong>in</strong>d davon mehr oder weniger<br />

ausgestaltet. Nicht bekannt ist bisher, <strong>in</strong> welcher Reihenfolge die selbstgenerierten<br />

Informationsprodukte die Lakunen füllen.<br />

Aufschlussreich ist <strong>in</strong> Bedrohungssituationen auch die Informationsregression.<br />

Verstanden wird darunter e<strong>in</strong> akuter Abbau der Informationsverarbeitung. Dieser<br />

Abbau kann so weit gehen, dass nur noch Grundmuster zur Bedrohungsbewältigung<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden. Das s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fache Schutzhaltungen oder Flucht- und<br />

Angriffsaktionen. E<strong>in</strong>e progressive Regression kann dazu führen, dass der bedrohte<br />

Mensch erstarrt oder <strong>in</strong> Panik gerät. Andernteils ist aus Berichten von Probanden<br />

zu entnehmen, die <strong>in</strong> To<strong>des</strong>not waren, dass die Regression bevorzugt die<br />

jeweilige Lernbasis erreicht. So berichtet e<strong>in</strong> Taucher, der bei e<strong>in</strong>em Rettungsversuch<br />

unter Wasser e<strong>in</strong>geklemmt war, dass er <strong>in</strong> dieser Notlage die Stimme se<strong>in</strong>es<br />

Ausbilders hörte. Ähnliches wird von Piloten berichtet. Hier liegen auch die<br />

Erklärungen dafür, dass bei der Entstehung e<strong>in</strong>er Panik oftmals präzise Kommandos<br />

das Verhalten stoppen konnten. Für die Ausbildung ist hier zu betonen, dass<br />

e<strong>in</strong>e präzise Instruktion <strong>des</strong> Ausbilders lebensrettend se<strong>in</strong> kann. Daher s<strong>in</strong>d Aktionen,<br />

die lebenswichtig werden können, von Anfang an beim Lernen mit höchster<br />

Präzision zu vermitteln.<br />

E<strong>in</strong>e besondere Stellung nimmt im Informationsumsatz die erwähnte Gegenwartsdauer<br />

e<strong>in</strong>. Sie beträgt etwa fünf bis sechs Sekunden. Ist die Gegenwartsdauer<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kritischen Zeitbereich, der unter vier Sekunden liegt, dann kann der<br />

bedrohte Mensch se<strong>in</strong>e Situation nicht mehr adäquat verarbeiten. Bedrohungen<br />

und der dadurch ausgelöste Distress wirken auf die Gegenwartsdauer rasch e<strong>in</strong>.<br />

Daher kommt es zu akuten E<strong>in</strong>bußen, die durchaus gegen Null gehen können.<br />

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