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Analyse des menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen

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von ihnen nicht mehr bewertet. Die Vorauskalkulationen reichen dazu <strong>in</strong> der<br />

psychischen Notlage nicht mehr aus.<br />

Der Sprung vom Fensterbrett bei herannahendem Feuer wird von folgender<br />

Alternative bestimmt. In wenigen Sekunden verbrenne ich, das schmerzt<br />

zuerst fürchterlich, wenn ich aber spr<strong>in</strong>ge, habe ich noch e<strong>in</strong>ige Sekunden<br />

kühle Luft um mich herum. Bis zum Aufschlag auf dem Boden wird nicht<br />

gedacht. Die akute Bedrohung durch das Feuer wird als gefährlicher e<strong>in</strong>geschätzt<br />

als der Sprung <strong>in</strong> die Tiefe. Als Erklärungen für dieses Verhalten dienen<br />

die Überlegungen zu den Arealen und Denkrevieren (Kap.5.3.4).<br />

Manche Menschen <strong>in</strong> To<strong>des</strong>not wandern aus der Lage aus und geben sich vorzeitig<br />

auf. Lassen wir e<strong>in</strong>ige Probanden selbst zu Wort kommen.<br />

– Lass doch alles gehen, das Leben wird so anstrengend; e<strong>in</strong> Soldat über se<strong>in</strong><br />

schlimmstes Feuergefecht.<br />

– Wozu noch leben, ich lasse mich überrollen, das ist alles so schwer; e<strong>in</strong><br />

Autofahrer kurz vor e<strong>in</strong>em Zusammenstoß.<br />

– Ich wurde plötzlich so müde; e<strong>in</strong> Fallschirmspr<strong>in</strong>ger, der noch im letzten<br />

Moment se<strong>in</strong>en Reserveschirm zog.<br />

(9.) Fehlen<strong>des</strong> Werteraster<br />

E<strong>in</strong>e hohe PTSD-Vulnerabilität entsteht auch durch e<strong>in</strong> fehlen<strong>des</strong> Werteraster.<br />

Menschen haben zwar ethisch-moralische Werte, aber durchaus nicht immer<br />

solche, von denen sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er existentiellen Notlage überzeugt s<strong>in</strong>d. Dadurch<br />

ist e<strong>in</strong>e axiologische E<strong>in</strong>ordnung der direkten und <strong>in</strong>direkten Bedrohungslagen<br />

nicht möglich. „Was für e<strong>in</strong>en Wert soll ich denn denken“, so e<strong>in</strong> Proband.<br />

E<strong>in</strong> derartiges Wertevakuum macht PTSD-anfälliger. E<strong>in</strong> wesentlicher Ausbildungsauftrag<br />

für E<strong>in</strong>satzkräfte sowie potentielle Gefangene und Geiseln<br />

müsste dar<strong>in</strong> bestehen, e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Notlagen handhabbares Wertegefüge zu entwickeln.<br />

Das angesprochene Thema ist sehr umfangreich. Die posttraumatische Vielfalt<br />

drückt die Differenziertheit <strong>des</strong> Menschen aus. Daher ließ sich hier nur e<strong>in</strong><br />

Ausschnitt <strong>des</strong> <strong>menschlichen</strong> Bedrohungsverhaltens mit se<strong>in</strong>en traumatisierenden<br />

Prozessen erfassen. Die PTSD-Forschung steht derzeit noch am<br />

Anfang. Durch die vielfältigen Bedrohungen der Menschen durch Menschen<br />

gew<strong>in</strong>nen aber die posttraumatischen Syndrome zunehmend an Bedeutung für<br />

die Ausbildung von E<strong>in</strong>satzkräften. Neben den Bemühungen um Brief<strong>in</strong>g,<br />

E<strong>in</strong>satzbetreuung, Debrief<strong>in</strong>g und Therapie sollte allerd<strong>in</strong>gs nicht vergessen<br />

werden, dass e<strong>in</strong>satz- und bedrohungsnahe Ausbildung präventive Wirkung<br />

hat und somit traumatisierende Prozesse verh<strong>in</strong>dern kann.<br />

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