EUROPEAN MEDIA ART FESTIVAL OSNABRUECK 2011 - Emaf
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INTERNATIONAL SELECTION<br />
CRASH SITE<br />
CRASH SITE / MY_NEVER_ENDING_BURIAL_PLOT<br />
Constanze Ruhm<br />
Im ersten der drei Akte von CRASH SITE läutet plötzlich - und ungelegenerweise - das Mobiltelefon: Jean-Luc<br />
ist in der Leitung und fragt nach Anne-Marie. ›Sie ist nicht da‹ und ›Lass mich in Ruhe‹ bekommt der Anrufer in<br />
leicht gebrochenem Französisch genervt zu hören. Unschwer erkennbar, verbergen sich hinter den beiden Vornamen<br />
Miéville und ihr Mann Godard. Schließlich handelt es sich bei CRASH SITE um den sechsten Teil einer<br />
Serie, in der sich Constanze Ruhm mit ikonischen weiblichen Filmcharakteren des modernen Kinos auseinandersetzt.<br />
In dieser kurzen, sehr lustigen Sequenz dringt aber auch pointiert das Konstruktionsgeflecht des Filmes<br />
durch, welches auf kulturellem Wissen, Auslassungen, Verschiebungen und letztlich Überschreitungen basiert.<br />
Beziehungskonflikte jeglicher Art liefern ein loses narratives Gerüst, wobei Diskurse über Tod, Identität,<br />
Ökonomie und Liebe immer wieder anklingen.<br />
Eine kausale Geschichte im herkömmlichen Sinne existiert nicht, wie auch eine Filmfigur quasi aus ihrer Rolle<br />
kippend, eine formale Geste die den gesamten Film prägt, vermerkt: ›Sie haben nach der Geschichte gegraben,<br />
sind aber nur auf die Vorstellungen anderer gestoßen.‹ Konkret treffen folgende Gespenster oder Widergänger<br />
der Filmgeschichte aufeinander: Hari (Solaris, Andrej Tarkovsky), Giuliana alias Julian (Il Deserto Rosso, Michelangelo<br />
Antonioni) und Nana (Vivre sa Vie, Jean-Luc Godard), wobei neben Rollenzitaten auch stilistische und<br />
auditive Elemente des Bezugsmaterials Eingang in den Film finden. Die Figuren bzw. ihre Zuschreibungen tauchen<br />
bei Ruhm aber nicht als reine Referenzelemente auf, sondern werden u.a. mit Stilmitteln des Musicals,<br />
der Slapstick Comedy, des Mangas oder der Computersprache im besten Sinne des Wortes verunreinigt und<br />
fortgeführt. Die Referenz mutiert vielmehr zu einer Geste der Reverenz, einer affektiven Widmung, die mit zeitgenössischen,<br />
mitunter biographischen Aspekten angereichert wird. Getrieben von filmischen Gestalten kreiert<br />
Ruhm einen faszinierend attraktiven, theatralen Filmraum in Wort, Ton und Bild, der gleichzeitig auch als<br />
Performancebühne für drei vorzügliche SchauspielerInnen dient. (Dietmar Schwärzler)<br />
CRASH SITE / My_Never_Ending_Burial_Plot In the first of the three acts of CRASH SITE, suddenly - and inconveniently<br />
- the mobile phone rings: Jean-Luc is on the line and asks for Anne-Marie. The caller is told, irritated,<br />
in slightly broken French, ›She's not here,‹ and ›Leave me alone.‹ It is easy to see that hiding behind the<br />
two first names are Miéville and her husband, Godard. CRASH SITE deals, not least, with the sixth part of a series<br />
in which Constanze Ruhm confronts iconic women characters from modern cinema. However, punctuating<br />
this short, very humorous sequence is the construction of the film’s fabric, which is based on cultural knowledge,<br />
omissions, shifts, and ultimately, transgressions. A variety of relationship conflicts deliver a loose narrative<br />
structure, whereby discourses on death, identity, economy, and love are continually discernible.<br />
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