EUROPEAN MEDIA ART FESTIVAL OSNABRUECK 2011 - Emaf
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INTERNATIONAL SELECTION<br />
YOU ARE HERE<br />
YOU ARE HERE<br />
Daniel Cockburns Spielfilm könnte als Meta-Detektivgeschichte bezeichnet werden. Ein Mann, der in einem<br />
Raum gefangen ist, beantwortet Fragen auf Chinesisch ohne die Sprache zu verstehen. Verwirrte Fußgänger<br />
laufen durch die Straßen der Stadt und nehmen nichtssagende Kommandos von einem Kontrollzentrum entgegen,<br />
das ihre Bewegungen steuert. Ein Kind erzählt die Geschichte eines verrückten Wissenschaftlers, dessen<br />
allgegenwärtiges Computerauge die Welt einzunehmen droht. Dies sind nur einige der verwirrenden Verwicklungen<br />
in You Are Here, dem ersten Spielfilm unter der Regie des aus Toronto stammenden Videokünstlers<br />
Daniel Cockburn. Mit seinem breit angelegten filmischen Denkspiel stößt er einen ernsthaften und bedeutsamen<br />
Diskurs über das flüchtige Wesen Identität an.<br />
Durch den rasanten Wechsel an neue Schauplatze verhindert Cockburn, dass wir zu lange über den eben gesehenen<br />
Handlungsstrang nachdenken (können). Gleichzeitig erscheint der Versuch eines Laserpointers auf der<br />
Leinwand, ein immer wieder mäanderndes Gebilde zu erfassen, endlos. Trotzdem sind wir versucht ihm zu folgen.<br />
Allerdings ist es genau das, was wir auf unbedingtes Anraten des Erzählers in der Eröffnungssequenz nicht<br />
tun sollten.<br />
You Are Here ist ein Fantasiefilm im Stil von Borges, aus multiplen Welten komponiert, die sich auf immer wieder<br />
unerwartete Art und Weise umkreisen und verstricken. Im Mittelpunkt dieses erzählerischen Labyrinths<br />
steht eine scheue Frau (Tracy Wright), die versucht einen Sinn in den ihr immer wieder erscheinenden rätselhaften<br />
Dokumenten zu finden. Ihre Nachforschungen beginnen, als sie auf die Tonbandaufnahme eines Mannes<br />
stößt, der einen merkwürdigen Vortrag hält: Beruhigend und gleichzeitig bedrohlich, gibt er Anweisungen<br />
wie ›man dorthin kommt, wo man hingehen muss‹. Ist es ein zufälliger Fund oder eine für sie bestimmte Nachricht?<br />
Ein weiteres seltsames Dokument taucht auf und noch eins … Schnell wird ihr Haus zu einem Archiv, das<br />
randvoll ist mit rätselhaften Texten, Bildern und Klängen. Sie baut eine enge Verbindung mit den Menschen aus<br />
diesen Dokumenten auf – der Vortragende, ein Gefangener, ein Erfinder – jeder von ihnen kämpft, genau wie<br />
sie, mit den unverständlichen Gesetzen ihrer eigenen Welt.<br />
Aber die Organisierte wird zur Organisierenden als ihr so akribisches System ihr zum Verhängnis wird; das Archiv<br />
ist ein Betrüger, der ihren Verstand auseinander zu reißen droht. Da Realitäten um sie herum zusammenbrechen<br />
und sich überschneiden, muss sie eine endgültige Entscheidung treffen: ist sie eine freie Akteurin oder<br />
nur ein Werkzeug des Archivs?‹<br />
Innovativ in seiner Form und einzigartig in Bezug auf den Inhalt, ist YOU ARE HERE ein intellektuell abenteuerlicher<br />
Film, der die Natur des Bewusstseins, das Verhältnis zwischen Technologie und dem Gefühl für uns<br />
selbst und dem, was mit einem Verstand geschieht, wenn man zu lange in ein Experiment vertieft ist, das man<br />
selbst initiiert hat, untersucht.<br />
›Originell und vielschichtig, You Are Here ist ein brilliant aufgebauter Spielfilm, ein Debüt voller philosophischer<br />
Ideen und unglaublicher Energie.‹ – Atom Egoyan<br />
Daniel Cockburn’s feature might be identified as a meta-detective story. A man trapped in a room answers<br />
questions in Chinese without comprehending the language. Confused pedestrians wander the city streets, taking<br />
meaningless orders from a control centre that guides their movements. A child tells the story of a mad scientist<br />
whose ubiquitous computer-eye threatens to take over the world. These are just a few of the confounding<br />
twists in you are here, the first feature directed by Toronto-based video artist Daniel Cockburn.<br />
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