Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2<strong>41</strong><br />
4 Fazit<br />
schaden als Folgeschaden <strong>der</strong> Eigentumsverletzung am Kabel geltend machen. 283<br />
War das beschädigte Kabel hingegen im Eigentum des Elektrizitätswerkes, war <strong>der</strong><br />
Fabrikinhaber darauf angewiesen, dass ihm eine entsprechende Schutznorm erlaubte,<br />
den Schaden auf den Schädiger zu überwälzen. 284 Mangels einschlägiger<br />
Schutznorm wäre <strong>der</strong> Betriebsausfallschaden deshalb als nicht-ersatzfähiger Reflexschaden<br />
vom Geschädigten zu tragen gewesen. Klammert man das Problem<br />
aus, ob eine Schutznorm besteht, 285 hängt <strong>der</strong> Schadenersatzanspruch des Geschädigten<br />
davon ab, ob das Kabel zufällig in seinem o<strong>der</strong> im Eigentum des Elektrizitätswerkes<br />
liegt. 286 Die objektive Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie führt deshalb dazu,<br />
dass ähnliche Sachverhalte zu unterschiedlichen Haftungsfolgen führen können. 287<br />
Für den Geschädigten ist diese unterschiedliche Behandlung nur aufgrund <strong>der</strong><br />
unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse unbefriedigend und bietet den Betroffenen<br />
keine Rechtssicherheit.<br />
Diese Diskriminierung reiner Vermögensschäden lässt sich we<strong>der</strong> grammatikalisch<br />
noch systematisch begründen. Nach MERZ sprechen zumindest praktische Überlegungen<br />
für den zweigliedrigen Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitsbegriff <strong>der</strong> objektiven Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie.<br />
Die absoluten Rechte bzw. <strong>der</strong>en Verletzung würden „typische<br />
Erscheinungen des Unrechts“ konkretisieren. Diese Typisierung würde die<br />
Rechtsanwendung erleichtern und die Rechtssicherheit för<strong>der</strong>n. 288 Diese Praktika-<br />
283 BGE 97 II 221, 222; KRAMER, <strong>St</strong>romkabelbeschädigungen, S. 132 (Fn. 29): Das Bundesgericht<br />
hat den Ersatz für Betriebsausfallsschäden wegen Kabelbruchs zugestanden.<br />
Hierbei handelte es sich jedoch um den Ersatz eines mittelbaren Schadens des Unternehmers,<br />
<strong>der</strong> gleichzeitig Eigentümer des Kabels war.<br />
284 BGE 101 Ib 252, 254 ff. (Erw. 2b–d); BGE 102 II 85, 86 (Erw. 4): <strong>Art</strong>. 239 <strong>St</strong>GB<br />
(<strong>St</strong>örung von Betrieben, die <strong>der</strong> Allgemeinheit dienen) wurde hier als einschlägige<br />
Schutznorm betrachtet. In BGE 106 II 75, 78 (Erw. 2) hat das Bundesgericht hingegen<br />
die Exklusivität von <strong>Art</strong>. 58 I SVG angenommen. Diese Bestimmung erfasst jedoch nur<br />
Personen und Sachschäden, weshalb <strong>der</strong> Betriebsausfall nicht ersatzfähig war.<br />
285 KRAMER, <strong>St</strong>romkabelbeschädigungen, S. 132.<br />
286 SCHÖNENBERGER, Dritte Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie, S. 8.<br />
287 GAUCH/SWEET, S. 122.<br />
288 MERZ, S. 310 f.<br />
84