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Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen

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4 Praktische Anwendung <strong>der</strong> Interessentheorie<br />

Interesse, über dieses <strong>St</strong>romkabel Kunden mit <strong>St</strong>rom zu versorgen und damit Gewinn<br />

zu erwirtschaften, auch das Interesse auf Schutz des Eigentums.<br />

Für die betroffenen <strong>St</strong>romabnehmer ist indessen einzig die Tatsache des <strong>St</strong>romunterbruchs<br />

relevant, unbesehen davon, ob <strong>der</strong> Unterbruch auf eine Beschädigung<br />

des <strong>St</strong>romkabels und damit Verletzung des Eigentums des Elektrizitätswerks,<br />

durch einen Computervirus o<strong>der</strong> durch das fehlerhafte Umstellen eines Schalters<br />

verursacht wurde. Es stellt sich einzig die Frage, ob die Interessen <strong>der</strong> <strong>St</strong>romabnehmer<br />

die Interessen desjenigen, <strong>der</strong> den <strong>St</strong>romunterbruch verursacht hat, überwiegen.<br />

Wie bereits ausgeführt, hat das Unternehmen, welches das Glasfaserkabel<br />

verlegt, ein vermögensrechtliches Interesse, dieses Kabel zu verlegen. Auf Seiten<br />

<strong>der</strong> <strong>St</strong>romabnehmer besteht indessen auch ein vermögensrechtliches Interesse. In<br />

dieser Konstellation stehen sich die Interessen bei<strong>der</strong> Parteien gleichberechtigt<br />

gegenüber, <strong>der</strong> <strong>St</strong>romunterbruch wäre somit nicht wi<strong>der</strong>rechtlich. Aber in <strong>der</strong> heutigen<br />

Gesellschaft, welche zunehmend auf elektrisch betriebene Hilfsgeräte und<br />

Apparaturen angewiesen ist, kommt <strong>der</strong> unterbruchsfreien <strong>St</strong>romversorgung eine<br />

immer grössere Bedeutung zu. Aufgrund <strong>der</strong> einschneidenden Folgen, welche ein<br />

Unterbruch für die Wirtschaft und die Gesellschaft haben kann, kann in <strong>der</strong><br />

unterbruchsfreien <strong>St</strong>romversorgung ein öffentliches Interesse erblickt werden.<br />

Wird dieses öffentliche Interesse bei <strong>der</strong> Interessenabwägung mitberücksichtigt,<br />

fällt die Interessenabwägung zugunsten <strong>der</strong> geschädigten <strong>St</strong>romabnehmer aus. Die<br />

Unterbrechung <strong>der</strong> <strong>St</strong>romversorgung wäre dem<strong>nach</strong> wi<strong>der</strong>rechtlich.<br />

In einer Abwandlung des Beispiels wird <strong>der</strong> Unterbruch <strong>der</strong> <strong>St</strong>romversorgung nicht<br />

durch einen Kabelbruch ausgelöst, son<strong>der</strong>n durch einen Computervirus, <strong>der</strong> die<br />

Schaltzentrale des Elektrizitätswerkes infiziert und den <strong>St</strong>rom abstellt. Bei <strong>der</strong><br />

Interessenabwägung lässt sich auf Seiten des Urhebers des Computervirus kein<br />

wesentliches Interesse identifizieren. Damit überwiegen die vermögensrechtlichen<br />

Interessen sowohl des Elektrizitätswerkes als auch <strong>der</strong> betroffenen <strong>St</strong>romabnehmer.<br />

Die Unterbrechung wäre dem<strong>nach</strong> auch ohne physische Einwirkung auf das<br />

<strong>St</strong>romkabel wi<strong>der</strong>rechtlich.<br />

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