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Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen

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2 Objektive Sorgfaltspflichtverletzung als problematisches Kriterium <strong>der</strong><br />

104<br />

Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit<br />

teressen <strong>der</strong> Schädiger zum Schaden <strong>der</strong> Allgemeinheit. FLEMING hält dieses Prob-<br />

lem treffend fest: „Even common usage or custom is not altogether above legal<br />

censure, since otherwise an entire industry would be free to set its own uncontrolled<br />

standards in defiance of its overriding obligation of reasonable care.“ 358<br />

Diese „legal censure“ findet in Rechtsprechung und Lehre statt. Dem<strong>nach</strong> kann<br />

die Berufung auf Übung, Usance o<strong>der</strong> Gewohnheiten nicht entschuldigen, wenn<br />

das Verhalten schadensträchtig ist 359 o<strong>der</strong> wenn es eine Nachlässigkeit o<strong>der</strong> Unsitte<br />

im Verkehr darstellt. 360<br />

b) Unbeachtete Defensivansprüche des Geschädigten<br />

Eine Reihe von Defensivansprüchen des potenziell Geschädigten, wie z.B. das<br />

Notwehrrecht, <strong>der</strong> Unterlassungsanspruch, <strong>der</strong> Beseitigungsanspruch und teilweise<br />

<strong>der</strong> Feststellungsanspruch, setzen die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit des schädigenden Verhaltens<br />

voraus. 361 Derjenige, <strong>der</strong> seine Rechte in Gefahr sieht, muss vorgängig abschätzen<br />

können, ob er zur Notwehr berechtigt ist o<strong>der</strong> auf Unterlassung klagen<br />

darf.<br />

Die empirische Bestimmung <strong>der</strong> Sorgfalt anhand des Durchschnittsverhaltens des<br />

Schädigers beinhaltet notwendigerweise eine einseitige Betrachtungsweise zugunsten<br />

des Schädigers. So kann dem Schädiger kein Vorwurf gemacht werden, wenn<br />

er sich in einem entschuldbaren Irrtum befindet o<strong>der</strong> wenn es ihm faktisch unmöglich<br />

ist, die Folgen seines Verhaltens zu erkennen und daher zu vermeiden. In diesem<br />

Zusammenhang muss entschuldbar bedeuten, dass auch eine Durchschnitts-<br />

358 J. G. FLEMING, An Introduction to the Law of Torts, 2. Aufl., Oxford 1985, S. 30, zitiert<br />

<strong>nach</strong>: GAUCH, Der vernünftige Mensch, S. 194 (Fn. 113); auch treffend formuliert von<br />

WALSH J. in O’Donovan v. Cork County Council [1967] IR 173, 193: „The fact that it<br />

is shown to have been widely and generally adopted over a period of time does not<br />

make the practice any less negligent. Neglect of duty does not cease by repetition to the<br />

neglect of duty.“, zitiert <strong>nach</strong>: VON BAR II, N 225 (Fn. 307).<br />

359 BeK-BREHM, <strong>OR</strong> <strong>41</strong> N 189; BGE 90 II 227, 231 (Erw. 2c); BGE 89 II 118, 121<br />

(Erw. 2b): „Bonjean ne saurait se disculper en soutenant que sa façon de rouler est<br />

usuelle; un abus répété n’est pas une excuse.“<br />

360 BGE 69 II 324, 331 ff. (Erw. 2).<br />

361 P<strong>OR</strong>TMANN, S. 277, m.w.H.

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