Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kapitel 4: Die Interessentheorie<br />
zu werden. Dies steht <strong>der</strong> Prävention ähnlicher Fehler entgegen. 461 Eine verschärfte<br />
Ärztehaftung ist deshalb nicht zwangsläufig im Interesse <strong>der</strong> Patienten.<br />
Umstritten ist die Berücksichtigung eines allfälligen Nahverhältnisses respektive<br />
einer Son<strong>der</strong>beziehung zwischen den Beteiligten. Dieses Kriterium hat in <strong>der</strong> Lehre<br />
zum Teil Eingang gefunden 462 und findet sich auch in <strong>der</strong> Rechtsprechung des<br />
Bundesgerichts zur Vertrauenshaftung. 463 KEETON beanstandet dieses Kriterium:<br />
„The concept of a relative duty is not regarded as essential by the continental law,<br />
and it has been assailed as serving no useful purpose [...] Its artificial character is<br />
readily apparent; in the ordinary case, if the court should desire to find liability, it<br />
would be quite easy to find the necessary ‚relation‘ in the position of the parties<br />
toward one another.“ 464 Die Son<strong>der</strong>beziehung ist kein geeignetes Kriterium, um<br />
die Haftpflicht zu begründen, da sie bloss Ausdruck einer vorweggenommenen<br />
Entscheidung ist, ob eine Haftpflicht gegeben sein soll o<strong>der</strong> nicht. 465 Die Entscheidung,<br />
ob und inwieweit eine Haftung zwischen zwei Personen bestehen soll, muss<br />
sich dem<strong>nach</strong> <strong>nach</strong> weiteren Kriterien richten. 466<br />
461<br />
U.S. Department of Health and Human Services, Confronting the New Health Care<br />
Crisis: Improving Health Care Quality and Lowering Costs By Fixing Our Medical Liability<br />
System, July 24, 2002 [http://www.hcla.org/studies/HHSmedliabilitycrisis.pdf]<br />
(letztmals besucht am: 19. Juli 2006).<br />
462<br />
ROBERTO, Haftpflichtrecht, N 61; vgl. TILBURG PRINCIPLES, <strong>Art</strong>. 2:102: „(4) Protection<br />
of pure economic interests or contractual relationships may be more limited in scope.<br />
In such cases, due regard must be had especially to the proximity between the actor<br />
and the endangered person …“<br />
463<br />
BGer-Urteil vom 23. Dezember 2003, 4C.230/2003, (Erw. 2.2): „Die Haftung [...] setzt<br />
voraus, dass die Beteiligten in eine sogenannte ‚rechtliche Son<strong>der</strong>verbindung‘ zueinan<strong>der</strong><br />
getreten sind.“<br />
464<br />
KEETON, S. 357, m.w.H.<br />
465<br />
Vgl. ROBERTO, Deliktsrechtlicher Schutz, S. 520, wo<strong>nach</strong> es sich bei <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>verbindung<br />
um einen inhaltsleeren <strong>Begriff</strong> handelt; KEETON, S. 358.<br />
466<br />
KOLLER, Ausservertragliche Haftung, S. 376.<br />
137<br />
377