Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
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Kapitel 2: Die Objektive Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie<br />
lichkeit stattfinden, da hier einzig die Rechtsgutverletzung überprüft wird. Eine<br />
Prüfung des Verhaltens im Rahmen des Verschuldens, etwa als Verletzung einer<br />
objektiven Sorgfaltspflicht, scheidet bei den verschuldensunabhängigen Haftungen<br />
begriffsnotwendig auch aus. Letztlich muss damit das Verhalten des Urteilsunfähigen<br />
entwe<strong>der</strong> im Rahmen des Billigkeitsbegriffs, <strong>der</strong> Kausalität o<strong>der</strong> als zusätzliche<br />
Haftungsvoraussetzung überprüft werden.<br />
2.6 Zwischenfazit zur Erfolgsunrechtstheorie<br />
Auf den ersten Blick erscheint die Erfolgsunrechtstheorie einleuchtend und <strong>nach</strong>vollziehbar:<br />
Wer ein wichtiges, sprich absolutes Recht schuldhaft verletzt, soll<br />
haften. Der zentrale Gedanke <strong>der</strong> Erfolgsunrechtstheorie, dass die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit<br />
einzig durch den Erfolgseintritt indiziert wird, lässt sich jedoch nur für einen<br />
Teil <strong>der</strong> Schadenstatbestände aufrechterhalten. Die Erfolgsunrechtstheorie liefert<br />
im Grunde nur bei unmittelbaren, unerwünschten Eingriffen in klar abgegrenzte<br />
absolute Rechte, wie Eigentum o<strong>der</strong> Leib und Leben, brauchbare Ergebnisse. Doch<br />
diese Fälle sind meist haftpflichtrechtlich wenig problematisch. 182<br />
In vielen Fällen erfor<strong>der</strong>t eine angemessene Verteilung <strong>der</strong> gesellschaftlichen Risiken,<br />
dass <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitsbegriff unter Berücksichtigung des Verhaltensunrechts<br />
ergänzt bzw. begrenzt wird. Der enge Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitsbegriff <strong>der</strong> Erfolgsunrechtstheorie<br />
verlangt zur Lösung materieller Haftungsfragen spezielle<br />
Konstruktionen (z.B. Einwilligung bei ärztlichen Eingriffen, Rechtfertigungsgrund<br />
des verkehrsadäquaten Verhaltens) o<strong>der</strong> Abgrenzungen (z.B. Unterscheidung aktiver<br />
und passiver Schädigung o<strong>der</strong> Funktionsbeeinträchtigung und Substanzbeeinträchtigung).<br />
Die Erfolgsunrechtstheorie funktioniert somit nur, wenn sie durch verschiedene<br />
Hilfskonstruktionen unterstützt bzw. korrigiert wird. Da die meisten dieser Hilfskonstruktionen<br />
auf das Verhaltensunrecht zurückzuführen sind, erscheint es nur<br />
konsequent, auf die Erfolgsunrechtstheorie zu verzichten und direkt eine auf dem<br />
Verhaltensunrecht aufbauende Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie anzuwenden.<br />
182 ROBERTO, Haftpflichtrecht, N 270.<br />
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