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Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen

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3 Die Schutznormtheorie<br />

aussetzung <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit mehrfach geprüft wird. Dies ist systematisch<br />

und theoretisch unbefriedigend.<br />

Bei <strong>der</strong> Schutznormtheorie hat <strong>der</strong> Anwendungsbereich von Rechtfertigungsgründen<br />

notwendigerweise beschränkt zu bleiben. Rechtfertigungsgründe drängen sich<br />

nur dort auf, wo die Bestimmung <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit nicht von einer Interessenabwägung<br />

begleitet ist und deshalb eine <strong>nach</strong>träglich differenziertere Bewertung<br />

<strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit nötig wird. Dies dürfte jedoch nur bei den geschriebenen<br />

Schutznormen <strong>der</strong> Fall sein. Ungeschriebene Schutznormen sind durch den<br />

Richter aufgrund <strong>der</strong> konkreten Umstände des Sachverhalts aufzustellen, weshalb<br />

eine weitere Interessenabwägung auf <strong>der</strong> <strong>St</strong>ufe <strong>der</strong> Rechtfertigungsgründe entfällt.<br />

Ist ein Verhalten in einer bestimmten Situation angemessen, besteht kein Bedürfnis,<br />

eine ungeschriebene Schutznorm aufzustellen, weshalb auch eine anschliessende<br />

Rechtfertigung entfällt. 267<br />

3.5 Verhältnis von Verschulden und Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit<br />

3.5.1 <strong>St</strong>ellenwert des Verschuldens bei <strong>der</strong> Schutznormtheorie<br />

Die Schutznormtheorie und <strong>der</strong> objektivierte Verschuldensbegriff vertragen sich<br />

schlecht miteinan<strong>der</strong>, denn sowohl bei <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit als auch beim Verschulden<br />

findet eine Prüfung des Schädigerverhaltens statt. Gelangt bei <strong>der</strong> Prüfung<br />

zudem <strong>der</strong>selbe objektive Massstab zur Anwendung, wäre eine <strong>der</strong> beiden<br />

Haftungsvoraussetzungen überflüssig.<br />

P<strong>OR</strong>TMANN sieht den Unterschied zwischen Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit und Verschulden<br />

darin, dass bei <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit das tatsächliche Verhalten an dem durch<br />

Rechtsnormen abstrakt vorgeschriebenen Verhalten gemessen wird. Auf Elemente<br />

wie die Voraussehbarkeit und Vermeidbarkeit des schädigenden Verhaltens wird<br />

dabei keine Rücksicht genommen. Beim Verschulden wird das Verhalten hingegen<br />

am (hypothetischen) Verhalten eines Durchschnittsmenschen in <strong>der</strong> konkreten<br />

Situation gemessen (objektive Sorgfaltspflicht). P<strong>OR</strong>TMANN illustriert dies am<br />

Beispiel des Autofahrers, <strong>der</strong> aufgrund eines defekten Tachometers nicht erkennen<br />

267 ROBERTO, Haftpflichtrecht, N 80.<br />

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