Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
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Kapitel 4: Die Interessentheorie<br />
Berichterstattung, aber auch im wirtschaftlichen Wettbewerb durch herabsetzende<br />
Werbung.<br />
4.2.1 Falsche Wegbeschreibung<br />
Ein Geschäftsreisen<strong>der</strong> fragt in einer fremden <strong>St</strong>adt einen Passanten <strong>nach</strong> dem Weg<br />
zum Bahnhof. Lei<strong>der</strong> ist die erhaltene Auskunft falsch und <strong>der</strong> Reisende verirrt<br />
sich, verpasst dadurch seinen Zug zum Flughafen, seinen Flug und ist letztendlich<br />
gezwungen, eine Nacht im Flughafenhotel zu verbringen.<br />
Bei diesem Beispiel stellt sich die Frage, ob <strong>der</strong> Geschäftsreisende die Aufwendungen<br />
für die Umbuchung des Flugs o<strong>der</strong> für die Über<strong>nach</strong>tung gegenüber dem<br />
Passanten geltend machen kann, sollte er ihn aufspüren können. 577 Der Ratsuchende<br />
hat ein Interesse daran, dass er aufgrund <strong>der</strong> Auskunft zu seinem Ziel gelangt,<br />
zugleich hat er ein Interesse, in seinen vermögensrechtlichen Interessen nicht verletzt<br />
zu werden. Beim Ratgeber, <strong>der</strong> aus Gefälligkeit handelt, lassen sich keine<br />
wesentlichen Interessen an <strong>der</strong> Raterteilung ausmachen. Es ist ihm überlassen, ob<br />
er eine Auskunft erteilt o<strong>der</strong> nicht. Welches Gewicht man dem Schutz <strong>der</strong> vermögensrechtlichen<br />
Interessen beimessen will, ist differenziert zu beurteilen. In weiten<br />
Bereichen des Lebens sind Vermögensschädigungen unausweichlich. Bleibt man<br />
bei einem <strong>St</strong>au im Verkehr stecken, kostet dies nicht nur Nerven, son<strong>der</strong>n auch<br />
Zeit und Treibstoff. Mit an<strong>der</strong>en Worten birgt das Alltagsleben notgedrungen ein<br />
gewisses Mass an Vermögensschädigungen, welche ersatzlos hinzunehmen sind.<br />
Für das vorliegende Beispiel lässt sich dies damit begründen, dass das Interesse des<br />
Ratsuchenden, keinen Vermögensschaden zu erleiden, durch sein Interesse, rasch<br />
und unproblematisch an eine Wegbeschreibung zu gelangen, aufgewogen wird.<br />
Fragt man einen Passanten <strong>nach</strong> dem Weg, besteht stets ein gewisses Risiko, dass<br />
sich die Beschreibung als falsch erweist. In den überwiegenden Fällen wird sich<br />
die Auskunft als richtig o<strong>der</strong> zumindest als hilfreich erweisen, denn hat <strong>der</strong> angefragte<br />
Passant keine Ahnung, wird er sich meist nicht zu einer Aussage hinreissen<br />
lassen. Würde man aber bereits jede falsche Wegbeschreibung als wi<strong>der</strong>rechtlich<br />
577 Vgl. BeK-BREHM, <strong>OR</strong> <strong>41</strong> N 46 f., m.w.H.: zur Behandlung von Gefälligkeitsauskünften<br />
gemäss <strong>der</strong> objektiven Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie.<br />
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