Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
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Kapitel 2: Die Objektive Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie<br />
ten, allfällige Haftungslücken durch das Aufstellen von ungeschriebenen<br />
Schutznormen zu füllen (vgl. Rz. 212 ff.).<br />
• Die Schutznormtheorie beinhaltet einen gewissen Automatismus bei <strong>der</strong><br />
Beurteilung <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit einer Handlung. Jede Verletzung eines<br />
generell-abstrakten Verbots o<strong>der</strong> Gebots ist prima facie wi<strong>der</strong>rechtlich. In<br />
gewissen Fällen erlaubt die Rechtsordnung jedoch, dass bestimmte Regeln<br />
missachtet bzw. ausgesetzt werden. Als notwendiger Mechanismus<br />
zur differenzierteren Beurteilung des Verhaltens kommen Rechtfertigungsgründe<br />
zum Zug (vgl. Rz. 216 ff.).<br />
• Bei <strong>der</strong> Schutznormtheorie lassen sich Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit und Verschulden<br />
nicht klar trennen, denn bei beiden Haftungsvoraussetzungen wird das<br />
Verhalten des Schädigers anhand eines objektiven Massstabs beurteilt<br />
(vgl. Rz. 219 ff.).<br />
3.2 Geschriebene Schutznormen als problematisches Kriterium<br />
3.2.1 Eignung gesetzlicher Bestimmungen als Schutznormen<br />
Nicht alle Normen, die das menschliche Verhalten ordnen, sind als Schutznormen<br />
geeignet. Als Schutznormen kommen nur jene Normen in Frage, welche konkrete<br />
Verhaltenspflichten enthalten, 200 d.h. ein bestimmtes Tun o<strong>der</strong> Unterlassen aufgrund<br />
seiner Gefährlichkeit bzw. zur Gefahrvermeidung verlangen respektive ver-<br />
bieten. 201<br />
Normen, welche lediglich die Herbeiführung eines unerwünschten Erfolgs verbieten<br />
202 bzw. auf die allgemeine Sorgfaltspflicht verweisen, genügen hingegen<br />
nicht. 203 Sie tragen zur Feststellung des unerlaubten Handelns nichts bei und sind<br />
200 BOSSHARD, S. 104 f.; ROBERTO, Haftpflichtrecht, N 43.<br />
201 VON BAR II, N 221.<br />
202 Z.B. <strong>Art</strong>. 111 <strong>St</strong>GB („Vorsätzliche Tötung“).<br />
203<br />
Z.B. <strong>Art</strong>. 12 lit. a BGFA: „[Anwälte] üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft<br />
aus.“<br />
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