Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
427<br />
428<br />
429<br />
3 Definition des Verschuldens<br />
urteilsunfähig und kann für sein Verhalten nicht zur Verantwortung gezogen wer-<br />
den. 533<br />
In <strong>der</strong> Praxis ist die Urteilsfähigkeit lediglich als negatives Kriterium, sprich als<br />
Ausdruck <strong>der</strong> „Urteilsunfähigkeit“, von Interesse. Handelt <strong>der</strong> Schädiger nämlich<br />
vorsätzlich o<strong>der</strong> fahrlässig, wird die Urteilsfähigkeit stets gegeben sein. 534 Zudem<br />
wird sie bei je<strong>der</strong>mann vorausgesetzt. Es liegt deshalb am Schädiger vorzubringen,<br />
weshalb er unfähig war, den Schadenseintritt vorauszusehen. 535<br />
<strong>Art</strong>. 16 ZGB enthält einen abschliessenden Katalog von Gründen, bei denen Erkenntnis-<br />
und Handlungsunfähigkeit anerkannt wird. 536 Diese sind Kindesalter,<br />
Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunkenheit o<strong>der</strong> ähnliche Zustände. Dabei<br />
kann die Urteilsunfähigkeit von Dauer o<strong>der</strong> nur vorübergehend sein. 537 Während<br />
Trunkenheit meist vorübergehen<strong>der</strong> Natur ist, sind Geisteskrankheit und Geistesschwäche<br />
zumeist dauerhaft. 538 Die Unterscheidung zwischen vorübergehen<strong>der</strong><br />
und dauern<strong>der</strong> Urteilsunfähigkeit spielt im Hinblick auf <strong>Art</strong>. 54 <strong>OR</strong> eine Rolle.<br />
Nach <strong>Art</strong>. 54 <strong>OR</strong> haftet <strong>der</strong> bloss vorübergehend Urteilsunfähige, es sei denn, er<br />
erbringt den Nachweis, dass die Urteilsunfähigkeit ohne sein Verschulden eingetreten<br />
ist.<br />
Erkenntnis- und Handlungsunfähigkeit können aber auch bei weiteren nicht in<br />
<strong>Art</strong>. 16 ZGB aufgeführten Gründen bestehen. Hier seien etwa Schockreaktionen,<br />
Reflexhandlungen, Muskelkrämpfe, Herzattacken, Panik zu nennen. Nach ROBER-<br />
TO sollen solche Fälle <strong>der</strong> zeitweiligen Unfähigkeit das Verschulden gerade nicht<br />
533<br />
Es sei denn, es komme ausnahmsweise die Billigkeitshaftung des Urteilsunfähigen<br />
<strong>nach</strong> <strong>Art</strong>. 54 <strong>OR</strong> zum Zug.<br />
534<br />
OFTINGER/STARK I, § 5 N 112 (Fn. 126); FELLMANN, Verschuldensbegriff, S. 365.<br />
535 <strong>Art</strong>. 16 ZGB.<br />
536 BaK-BIGLER-EGGENBERGER, ZGB 16 N 33a.<br />
537 BaK-BIGLER-EGGENBERGER, ZGB 16 N 5a.<br />
538 Vgl. aber BaK-BIGLER-EGGENBERGER, ZGB 16 N 27: Auch <strong>der</strong> Geistesschwache und<br />
<strong>der</strong> Geisteskranke können lichte Momente haben.<br />
158