Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
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Kapitel 2: Die Objektive Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie<br />
respektive Vertrieb von gefährlichen Gütern gerade nicht. Da <strong>der</strong> Schadenseintritt<br />
vorhersehbar ist, kann er nie inadäquat sein.<br />
(iii) Begrenzung <strong>der</strong> Haftung durch den Rechtfertigungsgrund des<br />
verkehrsrichtigen Verhaltens<br />
Als Lösung schlägt ein Teil <strong>der</strong> Lehre deshalb einen Rechtfertigungsgrund des<br />
„sozialadäquaten“ bzw. „verkehrsrichtigen“ Verhaltens vor. 138 Der Hersteller<br />
eines gefährlichen Produkts o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Anbieter einer gefährlichen Dienstleistung<br />
handelt dann sozialadäquat bzw. verkehrsrichtig, wenn er jene Verhaltenspflichten<br />
einhält, die sich im Zusammenhang mit seinen Produkten o<strong>der</strong> seiner Dienstleistung<br />
aufdrängen (sogenannte Verkehrspflichten). 139 Trotz <strong>der</strong> Verletzung eines<br />
absoluten Rechts hätte <strong>der</strong> Hersteller damit nur dann wi<strong>der</strong>rechtlich gehandelt,<br />
wenn er mit seinem Verhalten bestimmte Verhaltenspflichten verletzt hat.<br />
Bei mittelbaren Schäden wäre deshalb die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit weitgehend negativ,<br />
d.h. über das Bestehen von Rechtfertigungsgründen, zu bestimmen. Dies würde<br />
aber wie<strong>der</strong>um zu Problemen <strong>der</strong> Abgrenzung zwischen Verkehrspflichten (Rechtfertigungsgründen)<br />
und Sorgfaltspflichten führen. 140 Schlussendlich wird auch bei<br />
den mittelbaren Schäden das Erfolgsunrecht durch das Verhaltensunrecht verdrängt.<br />
2.2.3 Ungewisse Bewertung des Verhaltens bis zum Eintreten des Schadens<br />
Die Anwendung <strong>der</strong> Erfolgsunrechtstheorie im Zusammenhang mit mittelbaren<br />
Verletzungen absoluter Rechte hat zur Folge, dass ein Verhalten zeitlich erst <strong>nach</strong><br />
dem Schadenseintritt als wi<strong>der</strong>rechtlich o<strong>der</strong> erlaubt bezeichnet werden kann. Konsequenz<br />
ist, dass z.B. ein Feuerwerkshersteller, <strong>der</strong> an verschiedene Kunden<br />
138<br />
BOSSHARD, S. 95 f., m.w.H.; ROBERTO, Haftpflichtrecht, N 266, m.w.H.; kritisch<br />
DESAX, S. 26 f., und GABRIEL, N 347 ff. Die Diskussion um den Rechtfertigungsgrund<br />
des verkehrsrichtigen Verhaltens spielt sich weitgehend in Deutschland ab, hierzu<br />
massgebend beigetragen hat die Entscheidung des Grossen Senats für Zivilsachen des<br />
BGH (GSZ) vom 4.3.1957, NJW 19 (1957), S. 785 f.<br />
139<br />
ROBERTO, Haftpflichtrecht, N 268 f.<br />
140 DESAX, S. 26 f.; GABRIEL, N 347 f.<br />
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