Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
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Kapitel 2: Die Objektive Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie<br />
2.1.3 Kernaussagen zur Erfolgsunrechtstheorie<br />
In den <strong>nach</strong>folgenden Abschnitten wird ausgeführt, weshalb die Erfolgsunrechts-<br />
theorie und ihr Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitsbegriff allein nicht in <strong>der</strong> Lage sind, auf die<br />
materiellen Haftungsfragen konsistente und kohärente Antworten zu geben. Kurz<br />
zusammengefasst werden folgende Problembereiche näher thematisiert:<br />
• Bei bestimmten absoluten Rechten ist <strong>der</strong> jeweilige Schutzbereich nur<br />
durch Aufstellen o<strong>der</strong> Auslegen von Verhaltenspflichten festzulegen. An<br />
die <strong>St</strong>elle des Erfolgsunrechts tritt das Verhaltensunrecht (vgl.<br />
Rz. 112 ff.).<br />
• Da das Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitsurteil vom Schadenseintritt abhängt, kann <strong>der</strong><br />
Schädiger im Zeitpunkt einer Handlung nicht abschätzen, ob sein Verhalten<br />
wi<strong>der</strong>rechtlich o<strong>der</strong> rechtmässig ist. Damit kann das Haftpflichtrecht<br />
keine Präventionsfunktion entfalten, da eine vorgängige Überprüfung des<br />
Verhaltens auf seine potenzielle Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit erschwert wird (vgl.<br />
Rz. 124 ff.).<br />
• Die passive Verletzung eines absoluten Rechts ist nur dann wi<strong>der</strong>rechtlich,<br />
wenn <strong>der</strong> Schädiger gegen ein spezifisches Schadensabwendungsgebot,<br />
etwa in <strong>der</strong> Form einer Schutznorm o<strong>der</strong> einer Garantenpflicht, verstösst.<br />
Bei Unterlassungshandlungen bestimmt sich deshalb die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit<br />
nicht über den Erfolgseintritt, son<strong>der</strong>n erst über die Beurteilung<br />
des Verhaltens (vgl. Rz. 136 ff.).<br />
• Über Rechtfertigungsgründe wird das Pauschalurteil, wo<strong>nach</strong> sämtliche<br />
Verletzungen absolut geschützter Rechte wi<strong>der</strong>rechtlich sind, punktuell<br />
korrigiert. Diese Rechtfertigungsgründe knüpfen an das Verhalten des<br />
Schädigers an, weshalb wie<strong>der</strong>um das Verhaltensunrecht zur Anwendung<br />
gelangt (vgl. Rz. 145 ff.).<br />
• Der Umstand, dass die Erfolgsunrechtstheorie bei <strong>der</strong> Bestimmung <strong>der</strong><br />
Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit von aktiven Schädigungshandlungen im Grunde auf<br />
eine Beurteilung des Verhaltens des Schädigers verzichtet, wird dadurch<br />
wettgemacht, dass diese Beurteilung spätestens im Rahmen des Verschul-<br />
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