Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
101<br />
102<br />
103<br />
104<br />
2 Die Erfolgsunrechtstheorie<br />
<strong>der</strong> Schädiger durch sein Unterlassen zugleich ein spezifisches Schadensabwendungsgebot,<br />
d.h. eine Garantenpflicht, verletzt. 109<br />
Wird ein absolutes Recht infolge einer Unterlassung verletzt, ist deshalb zu bestimmen,<br />
ob im konkreten Fall eine Schadensabwendungspflicht bzw. eine Garantenpflicht<br />
bestand. Bei <strong>der</strong> passiven Verletzung eines absoluten Rechts reicht die<br />
Rechtsgutverletzung zur Begründung <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit nicht aus.<br />
36<br />
c) Rechtfertigung einer Verletzung (Rechtfertigungsgrund)<br />
Die Verletzung eines absolut geschützten Rechts kann im Einzelfall durch die<br />
Rechtsordnung geboten o<strong>der</strong> zumindest gerechtfertigt sein. Da letztlich nur <strong>der</strong><br />
objektive Normverstoss die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit auslöst, entfällt die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit,<br />
wenn die Rechtsordnung den Schädiger zur Schädigung ermächtigt, etwa bei<br />
Notwehr, Notstand, Selbsthilfe, Einwilligung des Geschädigten und Amtshandlungen<br />
im öffentlichen Interesse. 110<br />
Bestehen Rechtfertigungsgründe, wird die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit bestimmter Schädigungstatbestände<br />
aufgehoben. Damit wird <strong>der</strong> Ansatz <strong>der</strong> Erfolgsunrechtstheorie,<br />
sämtliche Verletzungen absoluter Rechte prima facie als wi<strong>der</strong>rechtlich zu bezeichnen,<br />
differenziert und korrigiert.<br />
d) Verschulden als weitere Haftungsvoraussetzung<br />
Beim Verschulden gilt <strong>nach</strong> herrschen<strong>der</strong> Lehre ein objektivierter<br />
Verschuldensbegriff. 111 Dieser besteht aus einer subjektiven und einer objektiven<br />
Seite: Zur subjektiven Seite gehört die Urteilsfähigkeit, zur objektiven die Abweichung<br />
von einem unter den gegebenen Umständen als angebracht erachteten<br />
Durchschnittsverhalten (Sorgfaltspflicht). Eine Haftung tritt nur dann ein, wenn<br />
beide Verschuldenselemente vorliegen. 112<br />
109 BGE 115 II 15, 19 (Erw. 3b).<br />
110 HONSELL, § 5 N 1 ff.; REY, N 757 ff.<br />
111 BGE 116 Ia 162, 169 f. (Erw. 2c); statt vieler REY, N 843 ff., m.w.H.<br />
112 HONSELL, § 6 N 4.