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Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen

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232<br />

3 Die Schutznormtheorie<br />

vorsätzliche Schädigung, beschränken. Dies lässt sich dadurch erreichen, dass bei<br />

<strong>der</strong> Auslegung des Schutzzwecks <strong>der</strong> Norm zugleich <strong>der</strong> Vorsatz geprüft wird. 273<br />

Werden aber bereits bei <strong>der</strong> Auslegung des Schutzzwecks die subjektiven Tatbestandsmerkmale<br />

geprüft, wäre eine erneute Prüfung von Vorsatz und Fahrlässigkeit<br />

beim Verschulden im Grunde überflüssig. 274 Eine Reduktion des Verschuldens auf<br />

die Prüfung <strong>der</strong> Urteilsfähigkeit ist jedoch ebenfalls problematisch, da nicht alle<br />

Schutznormen, z.B. technische Sicherheitsvorschriften, subjektive Tatbestandsmerkmale<br />

aufweisen.<br />

Es ist unbefriedigend, wenn Vorsatz und Fahrlässigkeit im Rahmen <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit<br />

respektive im Rahmen des Verschuldens zu prüfen sind, je <strong>nach</strong>dem,<br />

aus welchem Rechtsgebiet eine Schutznorm stammt. Eine Prüfung des Vorsatzes<br />

und <strong>der</strong> Fahrlässigkeit sowohl bei <strong>der</strong> Auslegung des Schutzzwecks als auch beim<br />

Verschulden ist systematisch und theoretisch unerwünscht. Ein Hauptkritikpunkt<br />

gegenüber <strong>der</strong> Schutznormtheorie muss daher lauten, dass sich Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit<br />

und Verschulden schlecht voneinan<strong>der</strong> abgrenzen lassen, da es zu Unklarheiten<br />

und überflüssigen Prüfungsschritten führt. Bei ungeschriebenen Schutznormen<br />

bestehen keine solchen Abgrenzungsschwierigkeiten, zumal sie im Hinblick auf<br />

die spezifischen Anfor<strong>der</strong>ungen des Haftpflichtrechts aufgestellt werden können.<br />

3.6 Zwischenfazit zur Schutznormtheorie<br />

Die Schutznormtheorie ist vom Ansatz her einleuchtend. Dem <strong>Begriff</strong> <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit<br />

kommt die Aufgabe zu, zwischen erlaubten und unerlaubten Schädigungen<br />

zu unterscheiden. Da die Rechtsordnung über weite Bereiche das menschliche<br />

Zusammenleben bereits regelt, kann im Grunde auf diese Regeln verwiesen<br />

werden. Dies ist praktisch, zumal es keinen eigenständigen Katalog von haftpflichtrechtlichen<br />

Regeln des Zusammenlebens braucht, und zudem lässt sich da-<br />

273<br />

Vgl. VON BÜREN, S. 257: VON BÜREN betrachtet den Verstoss gegen objektives Recht<br />

und Verschulden als eins. Er lehnt die dualistische Betrachtung ab, welche zunächst<br />

prüft, ob eine Norm verletzt ist, um anschliessend zu prüfen, ob die Verletzung schuldhaft<br />

erfolgte.<br />

274<br />

HONSELL, § 6 N 21.<br />

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