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Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen

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Kapitel 4: Die Interessentheorie<br />

ausschliessen. 539 Meines Erachtens sind diese Faktoren <strong>der</strong> Urteilsunfähigkeit<br />

zuzuschreiben, auch wenn sie nicht im Katalog von <strong>Art</strong>. 16 ZGB enthalten sind. So<br />

besteht kein <strong>nach</strong>vollziehbarer Grund, die Haftung da<strong>nach</strong> zu differenzieren, ob<br />

jemand wegen einer geistigen Behin<strong>der</strong>ung, sprich Geisteskrankheit o<strong>der</strong> Geistesschwäche,<br />

nicht in <strong>der</strong> Lage war, einen Schaden zu erkennen und zu vermeiden,<br />

o<strong>der</strong> ob dies durch eine körperliche, physiologische Behin<strong>der</strong>ung bedingt ist. Wenn<br />

<strong>der</strong> Schädiger den Schadenseintritt aus Gründen nicht zu erkennen vermag, die er<br />

nicht beeinflussen kann, o<strong>der</strong> wenn er sein eigenes Verhalten aufgrund einer körperlichen<br />

o<strong>der</strong> psychischen Behin<strong>der</strong>ung (auch vorübergehen<strong>der</strong> Natur) nicht steuern<br />

kann, kann ihm <strong>der</strong> Schaden ethisch nicht zugerechnet werden. 540<br />

Gegen eine Ausweitung <strong>der</strong> Urteilsunfähigkeitsgründe könnte allenfalls <strong>der</strong> Einwand<br />

des Vertrauensschutzes vorgebracht werden. Gerade im Geschäftsverkehr ist<br />

es notwendig, dass <strong>der</strong> Vertragspartner darauf vertrauen kann, dass ein Vertrag<br />

auch rechtliche Wirkung entfaltet, weshalb die Gründe <strong>der</strong> Urteilsunfähigkeit möglichst<br />

eng umschrieben werden müssen. Dem ist entgegenzuhalten, dass das ausservertragliche<br />

Haftpflichtrecht meist zufällige Kontakte (Unfälle) zum Inhalt hat,<br />

bei denen kein Vertrauensverhältnis besteht, weshalb auch <strong>der</strong> Vertrauensschutz<br />

keine Rolle spielt. 5<strong>41</strong><br />

Letztlich soll dem <strong>Begriff</strong> <strong>der</strong> Urteilsunfähigkeit die Funktion zukommen, die<br />

Haftung auszuschliessen, wenn <strong>der</strong> Schädiger aufgrund eines dauernden o<strong>der</strong> vorübergehenden,<br />

nicht durch ihn zu verantwortenden, physischen o<strong>der</strong> psychischen<br />

Faktors unfähig war, den Schaden vorauszusehen und zu vermeiden. Je weiter o<strong>der</strong><br />

je enger <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Urteilsunfähigkeitsgründe gezogen wird, desto subjektivierter<br />

o<strong>der</strong> objektivierter wird das Verschuldensurteil.<br />

b) Massstab <strong>der</strong> Urteilsunfähigkeit<br />

Bei ein und <strong>der</strong>selben Person kann die Urteilsfähigkeit bezüglich einer bestimmten<br />

Handlung gegeben und bezüglich einer bestimmten an<strong>der</strong>en Handlung nicht gege-<br />

539 ROBERTO, Haftpflichtrecht, N 230.<br />

540 BOSSHARD, S. 113, 120; AppGer BS, BJM 2001, S. 300.<br />

5<strong>41</strong> FELLMANN, Verschuldensbegriff, S. 358.<br />

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