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Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen

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Kapitel 2: Die Objektive Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie<br />

räumten Freiheit zugunsten einer positivistischen Bindung an das Gesetz bestä-<br />

tigt. 265<br />

Von <strong>der</strong> Anlage her ist die Schutznormtheorie wi<strong>der</strong>sprüchlich. Einerseits soll die<br />

Haftung über die geschriebenen Schutznormen begrenzt werden. Besteht keine<br />

Schutznorm o<strong>der</strong> schützt die Schutznorm we<strong>der</strong> die entsprechende Person noch das<br />

betroffene Recht noch vor <strong>der</strong> verwirklichten Gefahr, hat <strong>der</strong> Richter die Haftung<br />

abzulehnen. An<strong>der</strong>erseits schliesst das Fehlen einer Schutznorm die Haftung nicht<br />

automatisch aus. Besteht eine eigentliche Haftungslücke, hat <strong>der</strong> Richter eine ungeschriebene<br />

Schutznorm aufzustellen.<br />

3.4 Rechtfertigungsgründe als notwendiger Korrekturmechanismus<br />

Die Schutznormtheorie beinhaltet einen gewissen Automatismus bei <strong>der</strong> Beurteilung<br />

<strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit einer Handlung. Wer eine generell-abstrakte Verhaltensnorm,<br />

z.B. eine Verkehrsregel, missachtet, handelt im Grunde automatisch<br />

wi<strong>der</strong>rechtlich. Dieses generelle und abstrakte Urteil über die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit<br />

kann nicht immer den Umständen des Sachverhalts gerecht werden. 266 So kann<br />

sich die Missachtung <strong>der</strong> Norm aufdrängen, um grösseren Schaden zu vermeiden<br />

o<strong>der</strong> um Leben zu retten. Es wäre vermessen, das Verhalten des Schädigers dann<br />

noch als wi<strong>der</strong>rechtlich zu bezeichnen.<br />

Ähnlich wie im <strong>St</strong>rafrecht gilt deshalb auch für das Haftpflichtrecht, dass nicht<br />

jede Verletzung einer generell-abstrakten Norm dem Schädiger zum Nachteil gereichen<br />

kann. Das Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitsurteil muss auch die Umstände des Einzelfalls<br />

berücksichtigen, indem etwa Rechtfertigungsgründe vorgebracht werden können.<br />

Die Bestimmung <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit erfor<strong>der</strong>t damit zwei Prüfungsschritte:<br />

Zunächst wird die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit einer Handlung abstrakt bestimmt und<br />

anschliessend über Rechtfertigungsgründe, sofern nötig, wie<strong>der</strong> aufgehoben. Damit<br />

verlangt die Schutznormtheorie, dass das Verhalten alleine bei <strong>der</strong> Haftungsvor-<br />

265<br />

MERZ, S. 302, 304.<br />

266<br />

Vgl. SCHÖNENBERGER, Dritte Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie, S. 9: SCHÖNENBERGER spricht<br />

hier von <strong>der</strong> Problematik eines Automatismus in Bezug auf die Annahme <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit.<br />

75<br />

215<br />

216<br />

217

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