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Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen

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2 Definition <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit<br />

In <strong>der</strong> Lehre finden sich <strong>St</strong>immen, welche die Voraussehbarkeit im Rahmen <strong>der</strong><br />

Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit prüfen möchten. 467 Nach <strong>der</strong> hier vertretenen Auffassung ist die<br />

Voraussehbarkeit des Schadens kein geeignetes Kriterium zur Bestimmung <strong>der</strong><br />

Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit. Im Gegensatz zur Eintretenswahrscheinlichkeit, welche objektiv<br />

(statistisch) festgestellt werden kann, handelt es sich bei <strong>der</strong> Voraussehbarkeit<br />

um ein Kriterium, welches auf innere Fähigkeiten und Kenntnisse des Schädigers<br />

abstellt. Diese sollen einzig im Rahmen des Verschuldens geprüft werden und<br />

nicht bei <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit, da an<strong>der</strong>nfalls <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitsbegriff eine<br />

stark schädigerbezogene Komponente aufweisen würde. 468 Dasselbe schädigende<br />

Verhalten, z.B. eine Schussabgabe, könnte entwe<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>rechtlich o<strong>der</strong> erlaubt<br />

sein, je <strong>nach</strong>dem, ob <strong>der</strong> Schütze „wissend“ o<strong>der</strong> „unwissend“ war, d.h. die Folgen<br />

seiner Handlung bedachte o<strong>der</strong> nicht. 469 Dies ist aus theoretischer Sicht problematisch,<br />

da <strong>der</strong> potenziell Geschädigte sich bei <strong>der</strong> Ausübung von Notwehr ein<br />

Urteil über die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit des Angriffs machen muss und dabei sinnvollerweise<br />

nicht auf die inneren Fähigkeiten und Kenntnisse des Schädigers abzustellen<br />

hat. 470<br />

138<br />

b) Indizien für vorangegangene Interessenabwägung<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Interessenabwägung kann sich <strong>der</strong> Richter auf verschiedene Indizien<br />

abstützen, welche auf eine vorangegangene Interessenabwägung seitens <strong>der</strong><br />

Bevölkerung o<strong>der</strong> einer Berufsgruppe hinweisen. Hierzu gehören etwa Verkehrssitten,<br />

Berufsregeln, gesetzliche Verhaltenspflichten. 471 Der Richter darf diese<br />

Verhaltenspflichten nicht tel quel übernehmen, son<strong>der</strong>n hat zu überprüfen, ob diese<br />

Verhaltenspflichten o<strong>der</strong> Verhaltensweisen sich auf eine ausgewogene Abwägung<br />

467<br />

ROBERTO, Deliktsrechtlicher Schutz, S. 520; SCHÖNENBERGER, Dritte Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie,<br />

S. 8.<br />

468<br />

Vgl. Rz. 392 ff.<br />

469 WERRO, Sorgfaltspflichtverletzung, S. 372; P<strong>OR</strong>TMANN, S. 275.<br />

470<br />

Vgl. Rz. 288 ff.<br />

471<br />

VON BAR II, N 252; ROBERTO, Haftpflichtrecht, N 44, 49, 57 f.; DUGDALE, 8-144, 8-<br />

145; vgl. BK-BREHM, <strong>OR</strong> <strong>41</strong> N 185 ff. betr. Geltung von gesetzlichen Vorschriften und<br />

privatrechtlichen Richtlinien als Indizien für das Vorliegen von Verschulden.

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