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Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen

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2 Objektive Sorgfaltspflichtverletzung als problematisches Kriterium <strong>der</strong><br />

106<br />

Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit<br />

c) Abweichende subjektive Sorgfaltspflichten<br />

Wird das Durchschnittsverhalten als Massstab des erlaubten Verhaltens definiert,<br />

so hat eine Person an sich nur für unterdurchschnittliches Verhalten einzustehen.<br />

Beachtet ein Schädiger hingegen die durchschnittliche Sorgfalt, handelt er im<br />

Grunde auch dann nicht wi<strong>der</strong>rechtlich, wenn er wegen beson<strong>der</strong>er Fähigkeiten<br />

o<strong>der</strong> Kenntnisse in <strong>der</strong> Lage gewesen wäre, auch solche Schäden zu vermeiden,<br />

<strong>der</strong>en Vermeidung einer Durchschnittsperson nicht möglich gewesen wäre. 364<br />

Wird stets nur die durchschnittliche Sorgfalt verlangt, besteht aus haftpflichtrechtlicher<br />

Sicht kein Anreiz für den Schädiger, sich <strong>nach</strong> seinen Möglichkeiten sorgfältiger,<br />

d.h. weniger schadensträchtig, zu verhalten. Eine Folge davon ist, dass <strong>der</strong><br />

Geschädigte im Endeffekt für Schäden aufkommen muss, die <strong>der</strong> Schädiger aufgrund<br />

seiner Kenntnisse und Fähigkeiten hätte vermeiden können. Sinnvoll ist es,<br />

denjenigen haften zu lassen, <strong>der</strong> am ehesten in <strong>der</strong> Lage ist, das Risiko abzuschätzen<br />

und den Schaden zu vermeiden. 365<br />

Es ist deshalb auch eine anerkannte Regel, dass ein Schädiger, <strong>der</strong> über beson<strong>der</strong>e<br />

Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die ihn zu erhöhter Sorgfalt befähigen, für<br />

diese erhöhte Sorgfalt einstehen muss. 366 Mit an<strong>der</strong>en Worten: Falls <strong>der</strong> Schädiger<br />

höhere Kenntnisse besitzt als <strong>der</strong> Durchschnitt seines Typus (Berufskreises, Altersgruppe<br />

usw.), kann er sich nicht darauf berufen, er habe lediglich die durchschnittliche<br />

Sorgfalt aufgewendet. Er ist gehalten, seine allfälligen höheren Fachkenntnisse<br />

und Fähigkeiten als die im Verkehrskreis üblichen einzusetzen. 367<br />

WERRO begründet die Beachtung <strong>der</strong> subjektiven Sorgfalt damit, dass die durchschnittliche<br />

Sorgfaltspflicht lediglich die Mindestvoraussetzungen an die Sorgfaltspflicht<br />

stellt, bei <strong>der</strong>en Verletzung die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit stets gegeben sein<br />

soll. 368 Damit gilt aber, dass sich <strong>der</strong> Schädiger, auch wenn er sich durchschnittlich<br />

364<br />

OSWALD, S. 64.<br />

365<br />

Theorie vom cheapest cost avoi<strong>der</strong>, vgl. HONSELL, § 1 N 74; SAILER, S. 175.<br />

366 OFTINGER/STARK I, § 5 N 86.<br />

367 SCHWENZER, N 22.17.<br />

368 WERRO, Sorgfaltspflichtverletzung, S. 370.

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