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Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen

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394<br />

3 Definition des Verschuldens<br />

3.2 Gegenstand des Verschuldens<br />

3.2.1 Voraussehbarkeit des Kausalablaufs und des Schadenseintritts<br />

Die Voraussehbarkeit des Kausalablaufs und des Schadenseintritts steht im Zen-<br />

trum des hier vorgestellten Verschuldensbegriffs. Erst aufgrund dieser Erkenntnis-<br />

se ist <strong>der</strong> Schädiger überhaupt in <strong>der</strong> Lage, sein Verhalten zu än<strong>der</strong>n und damit den<br />

Schadenseintritt zu vermeiden. Dieses Konzept <strong>der</strong> Voraussehbarkeit ist jedoch<br />

näher zu konkretisieren: Wie detailliert, wie sicher und wie weit in die Zukunft hat<br />

<strong>der</strong> Schädiger einen Kausalablauf und den Schadenseintritt vorauszusehen, damit<br />

ihm die verursachten Schäden zugerechnet werden können?<br />

144<br />

a) Voraussehbarkeit in Bezug auf die geschädigte Person, das verletzte<br />

Recht und die Schadensverursachung<br />

Damit <strong>der</strong> Schädiger sein Verhalten beurteilen kann, braucht er den Kausalablauf<br />

nicht in all seinen Details vorauszusehen, d.h., er muss sich nicht über sämtliche<br />

einzelne Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kausalkette im Klaren sein. 487 Vielmehr genügt es, dass <strong>der</strong><br />

Schädiger das Ergebnis, d.h. die Schädigungsfolge, 488 o<strong>der</strong> den Kausalablauf in<br />

den Grundzügen zu erkennen vermag. Dies lässt sich an folgenden zwei Beispielen<br />

illustrieren.<br />

Der Autofahrer, <strong>der</strong> im Winter mit abgefahrenen Sommerreifen unterwegs ist,<br />

handelt auch dann schuldhaft, wenn er zwar die Gefährdung an<strong>der</strong>er Verkehrsteilnehmer<br />

aufgrund schlechter Bodenhaftung bei schneebedeckter Fahrbahn voraussieht,<br />

dann jedoch wegen Aquaplaning ins Schleu<strong>der</strong>n gerät. Abgefahrene Reifen<br />

bergen generell die Gefahr einer verringerten Bodenhaftung, weshalb es unbeachtlich<br />

ist, ob sich diese Gefahr letztendlich aufgrund von Schneeglätte o<strong>der</strong> durch<br />

487 Vgl. BGE 90 II 9, 13 (Erw. 4): „Il n’est pas nécessaire qu’il en ait entrevu toutes les<br />

conséquences possibles. Il suffit qu’il ait eu conscience de compromettre la solidité et<br />

la cohésion du pylône et de créer ainsi un péril.“<br />

488 OFTINGER/STARK I, § 5 N 17 f.; kritisch KEETON, S. 297: „If one takes a very broad,<br />

type-of-harm perspective in describing both the ‚foreseeable risk‘ and the ‚result‘ of<br />

which the plaintiff is complaining, very likely the result will appear to be within the<br />

foreseeable risk. If, on the other hand, one takes a mechanism-of-harm perspective, it is<br />

easy to conclude that the result at issue is not within the foreseeable risk.“

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