Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
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3 Definition des Verschuldens<br />
ben sein. So vermag vielleicht ein Kind die Gefahr eines Feuers beim Spiel mit<br />
<strong>St</strong>reichhölzern zu erkennen, hingegen nicht die Gefahr, die durch das Lösen einer<br />
Schraube an einem <strong>St</strong>romleitungsmast entsteht, <strong>der</strong> deswegen in einem <strong>St</strong>urm<br />
umstürzt. Die Urteilsunfähigkeit bestimmt sich deswegen immer bezogen auf die<br />
schädigende Tätigkeit und die kognitiven und intellektuellen Eigenschaften des<br />
Schädigers im Zeitpunkt <strong>der</strong> schädigenden Handlung. 542 Dementsprechend lassen<br />
sich auch keine abschliessenden Kriterien aufstellen, wann die Urteilsfähigkeit zu<br />
bejahen o<strong>der</strong> zu verneinen ist, hingegen lassen sich aus <strong>der</strong> Kasuistik entsprechende<br />
Hinweise entnehmen. 543<br />
3.3.3 Vorsatz<br />
a) Erkenntnissicherheit und Vermeidungssicherheit<br />
Der Vorsatz kann als wissentliche und willentliche Schädigung definiert werden,<br />
d.h. als Begehen <strong>der</strong> Tat in Voraussicht des Erfolges mit <strong>der</strong> Vorstellung <strong>der</strong> Kausalität<br />
des Tuns o<strong>der</strong> Unterlassens. 544 Der Vorsatz setzt sich aus einer intellektuellen<br />
(Wissen) und einer voluntativen Komponente (Willen) zusammen. Der vorsätzlich<br />
handelnde Schädiger erkennt den Kausalablauf und will in Kenntnis <strong>der</strong> Schadensmöglichkeit<br />
sein Verhalten fortsetzen.<br />
Mit <strong>der</strong> Vermeidungssicherheit wird zum Ausdruck gebracht, dass <strong>der</strong> Schädiger<br />
aufgrund <strong>der</strong> Kenntnis <strong>der</strong> Lage ohne weiteres sein Verhalten hätte än<strong>der</strong>n können.<br />
Hat <strong>der</strong> Schädiger den Kausalablauf zwar erkannt, konnte er aber trotz dieser Erkenntnis<br />
nicht handeln, wird in <strong>der</strong> Regel Handlungsunfähigkeit vorliegen. 545<br />
542<br />
HONSELL, § 6 N 8; vgl. OFTINGER/STARK I, § 5 N 118.<br />
543<br />
Zusammenstellungen <strong>der</strong> Kasuistik finden sich in <strong>der</strong> Lehre. Für Urteilsunfähigkeit<br />
wegen Kindesalter vgl. OFTINGER/STARK I, § 5 N 120 ff., mit Hinweisen auf weitere<br />
Zusammenstellungen.<br />
544<br />
OFTINGER/STARK I, § 5 N 44.<br />
545 Vgl. Rz. <strong>41</strong>9 f.<br />
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