Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Begriff der Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR - Universität St.Gallen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kapitel 3: Die Sorgfaltspflichttheorie<br />
<strong>der</strong>rechtlichkeit für die Ausübung von Defensivansprüchen des (potenziell) Geschädigten<br />
problematisch. 405<br />
4 Fazit<br />
Die Sorgfaltspflichttheorie lässt sich als Weiterentwicklung <strong>der</strong> Schutznormtheorie<br />
betrachten, wobei die massgebenden Verhaltenspflichten über Sorgfaltspflichten<br />
statt Schutznormen bestimmt werden. Gerade bei gesetzlich fixierten Sorgfaltspflichten<br />
und bei richterlich bestimmten Sorgfaltspflichten ist <strong>der</strong> Unterschied<br />
zwischen geschriebenen und ungeschriebenen Schutznormen nur gering. Die Sorgfaltspflichttheorie<br />
zeichnet sich indessen dadurch aus, dass sie auf die willkürliche<br />
Unterscheidung zwischen Schäden an absoluten Rechten und Schäden am Vermögen<br />
verzichtet und die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit anhand eines einzigen Massstabs, <strong>der</strong><br />
Verletzung einer objektiven Sorgfaltspflicht und unabhängig vom Erfolgseintritt,<br />
beurteilt. Im Unterschied zur objektiven Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitstheorie kann daher auf<br />
einen zweigeteilten Wi<strong>der</strong>rechtlichkeitsbegriff verzichtet werden.<br />
Eine wesentliche Kritik an <strong>der</strong> Sorgfaltspflichttheorie muss indessen lauten, dass je<br />
<strong>nach</strong> gewähltem Sorgfaltsbegriff das Ziel des Haftpflichtrechts, einen wertenden<br />
Ausgleich wi<strong>der</strong>streiten<strong>der</strong> Interessen herzustellen, verfehlt wird. 406 Wird etwa zur<br />
Bestimmung <strong>der</strong> Sorgfalt auf das Durchschnittsverhalten des Verkehrskreises des<br />
Schädigers abgestellt, wird damit einseitig den Interessen des Schädigers Rechnung<br />
getragen. 407 Die Berücksichtigung des Durchschnittsverhaltens gründet in <strong>der</strong><br />
fehlerhaften Annahme, dass das durchschnittliche Verhalten stets <strong>der</strong> Norm, d.h.,<br />
dem gesellschaftlich akzeptierten Verhalten, entspricht. Das durchschnittliche<br />
Verhalten spiegelt jedoch nicht die Interessen <strong>der</strong> Gesellschaft als Ganzes wi<strong>der</strong>,<br />
son<strong>der</strong>n nur die Son<strong>der</strong>interessen des Schädigers respektive des Verkehrskreises,<br />
dem er angehört.<br />
405 Vgl. Rz. 288 ff.<br />
406 GIGER, S. 395; PERRIG, S. 327; SCHWENZER, N 22.20; FLEMING, S. 6.<br />
407 Vgl. Rz. 288 ff.<br />
119<br />
331<br />
332