Hölderlins Hymne “Der Ister” - gesamtausgabe
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l<br />
32 Das Didtten des Wesens der Strtime<br />
Die Striirne in "Stimme<br />
desVolkes"<br />
c3<br />
6- Die Strijme als die "schutindenden"<br />
und "ahnungsuollenn<br />
in"Stimme desVolkes"<br />
fn den beiden ersteu Strophen des Gedichtes >Stimme dgs<br />
Volkes,< hei8t es von den Striimen:<br />
(Jm unsre Weisheit unbeki.immert<br />
Rauschen die Striime do& auch, und dennodr<br />
Wer liebt sie niiht? und irnmer bewegen sie<br />
Das Herz mir, hiir ich ferne die Schwindenden<br />
Die Ahnungsvollen, meine Bahn nicht<br />
Aber gewisser ins Meer hin eilen.<br />
Wir bemiihen uns allerdings vergeblich um diese Verse, wenn<br />
wir die beiden ersten Strophen nicht aus dem Ganzen des Gedidrtes<br />
denken und au8erdem im Hinblick auf die Art, wie<br />
Hiilderlin die zweite Fassung gegeniiber der ersten gedndert<br />
hat. Daher kann jetzt, wo wir dieses Gedidrt iibergehen miissen,<br />
nur aus einer fast unaufheblichen Dunkelheit das erwdhnt<br />
werden, was Htilderlin hier von den Striimen sagt.<br />
Unbekii-'"ert sind die Strijme um mensdrliche Weisheit,<br />
weil sie niirrrlich ihr eigenes Wissen haben, den >>Stromgeistzentris&e>zentrale< Aufenthalt im Exzentrischen hat seine<br />
Vorstufe in der Liebe. Die eigentliche Sphdre des Stehens in<br />
i", exz"otischen<br />
Mitte des Lebens ist der Tod' Die schwina"oa""<br />
und ahnungsvollen Strijme gehen nicht die Bahn des<br />
M"or"h"tt.<br />
Hart steht am Ende des Verses 7 das >nicht>wie der Gott und Mensch sich paart, und grdnzenlos<br />
die Naturmadet (das Heiliget) ,r.td des Mensihen Innerstes<br />
im Zorn Eins wird.< (V' 181). Das ahnungsvolle Wegschwinden<br />
der Strijme in ihre eigene Bahn ist wie ein Verlassen<br />
des Bereiches der Landschaft des Menschen; ist wie eine<br />
Untreue gegen diese. >Und dennoch, wer liebt sie nicht?< Es<br />
will scheinen, als sei in der Gestalt der Schwindenden der<br />
Stromgeist am besten zu behalten, als gehiire dieser rdtselhaften<br />
l-Intreue gerade das eigentliche Andenken. Befremd-<br />
Iiche Ausblicke iiffnen sic.h hier in das Wesen und die Art der<br />
Miigliihkeit, nadr der die >>Naturmadrt>Stromgeist<<br />
allein ergriffen werden [ann, ninrlich durch ein Mitgehen mit<br />
ihnsa, welches Mitgehen dodr wieder ihre Bahn nicht geht und<br />
ihr sonadr auswei&t. (Hiiiderlin schreibt einmal aus dem Nachdenken<br />
iiber das Wesen des Tragischen der griechischen Tragiidie:<br />
>>Es ist ein grosser Behelf der geheimarbeitenden Seele,<br />
dass sie auf dem hijchsten Bewusstseyn dem Bewusstseyn ausweicht,<br />
und ehe sie wirklich der gegenwaftige Gott ergreift,<br />
mit kiihnem oft sogar blasphemischem Worte diesem begegnet<br />
und so die heilige lebende Miiglichkeit des Geistes erhalt.<<br />
v,255).<br />
Deutlicher sehen wir zund.chst nur dieses, da8 die Striime<br />
selbst in ihrem Striimen zwiefach gerichtet sind. Als der<br />
Schwindende ist der Strom unterwegs in das Gewesene. Als<br />
der Ahnungsvolle geht er in das Kommende. Der Strom ist<br />
eine Wanderung von einziger Art, sofern sie zumal in das Gewesene<br />
und in das Kom'nende geht. Wobei wir zu bedenken<br />
haben, daB sich das Ahnen nicht allein auf das Kommende,<br />
I (das Heilige)<br />
Zusatz von Heidegger,