Hölderlins Hymne “Der Ister” - gesamtausgabe
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+2 Das Dichten des Wesens der Strdme<br />
Der Strom ak Ortsduft undWanderschaft<br />
4Z<br />
terische Aussage: Der Strom ist die Ortschaft der Wanderschaft.<br />
Der Strom ist die Wanderschaft der Ortschaft.<br />
Der Strom ist die Ortschaft der Wanderschaft, weil er dn5<br />
>>Dort< und das >>Da< bestimmt, wo das Heimischwerden ankommt,<br />
von wo es aber auch als Heimischwerden seinen Ausgang<br />
nimmt. Der Strom gewdhrt nicht nur den Ort, im Sinne<br />
des bloBen Platzes, den der wohnende Menseh besetzt. Der<br />
Strom selbst hat den Ort inne. Der Strom selbst wohnt.<br />
Im Beginn der zweiten Strophe der Isterhymne heiBt es vom<br />
Ister selbst: >Schiin wohnt er>Hier>vom Indus her.rl und dies Von-dort-hierher geht<br />
iiber den Alpheus. Der Strom bestimmt die Wanderung und<br />
den in ihr gegriindeten Bezug der erwanderten und so selbst<br />
wandernden Orte. Die Wanderung geht vom Indus, also vom<br />
Osten her, iiber das Griechenland hieher an die obere Donau<br />
nach Westen. Die Donau striimt nun aber doch in Wirklichkeit<br />
genau in der entgegengesetzten Richtung. Wenn also der<br />
Strom selbst die Wanderschaft vom Morgenland nach dem<br />
Abendland wd.re und sollte sein kiinnen, dann miiBte der Ister<br />
seinem eigenen wirklichen Striimen entgegenlaufen. Nun<br />
bleibt aber der wirkliche Lauf der Donau von Westen nach<br />
Osten so gewiB festgestellt, daB dariiber kein Wort zu verlieren<br />
ist. AJlein, im Beginn der dritten Strophe der Isterhymne<br />
heiBt es vom rster: Der scheinet aber fast<br />
Riikwiirts zu gehen und<br />
Ich mein, er miisse kommen<br />
Von Osten.<br />
Vieles wdre<br />
Zu sagen davon.<br />
Das behutsame und behiitete Auge des Dichters sieht den<br />
Strom >rilckwdrts gehender scheinet<br />
aber fastnatiirlich< nur ein Schein ist. Vielmehr sagt der Vers, dichterisch<br />
gedacht: Der Strom geht in Wahrheit riiclUnd ich meinund mir ist soich erfahre die Notwendigkeit, aus der der Strom von Osten<br />
kommt.< DaB nun aber dieses Vermuten und Meinen keine<br />
willkiirliche Annahme und keine leere Ansicht und kein fliichtiger<br />
Einfall ist, vielmehr aus dem Mut und dem Gemiit der<br />
dichterischen Grundstimmung entspringt, das sagen die folgenden<br />
zwei Verse:<br />
Vieles wdre<br />
Zu sagen davon.