Hölderlins Hymne “Der Ister” - gesamtausgabe
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il<br />
I<br />
154 Die Deutung des Menschenin Sophokles' Antigone<br />
Der Llerd ak das Sein<br />
155<br />
dafi es diese Auslegung vielmehr als die allein miigliche sindeutig<br />
fordert.<br />
Allein, mit dieser Binsidrt kommen wir nun erst an den echten<br />
Beginn des Verstehens. Denn jetzt gilt es folgendes zu bedenken:<br />
Wenn das Unheimlidre als ein solches nur wiBbar ist<br />
vom Heimischen her, dann mu8 alles Sagen vom Detv6v lsreits<br />
iiber dieses hinausgedacht haben. Doch wohin hinaus? In<br />
der Richtung auf das Heimische, den Herd. Allein, das Wissen<br />
von diesem spricht sich nicht unmittelbar aus. Es nennt sich<br />
aber selbst ein qgoveiv, ein Sinnen und Sichbesinnen, das aus<br />
der qpfv, d. h. aus dem >>Herzenherzhafte< Wissen ein Ahnen<br />
ist, dann werden wir dieses Ahnen niemals fiir ein im Unklaren<br />
verschwimmendes Meinen halten diirfen. Es hat seine<br />
eigene Helle und Entschiedenheit und bleibt doch von der<br />
Selbstsicherheit des rechnenden Verstandes grundverschieden.<br />
Was weiB dieses Wissen und was muB es wissen?<br />
18. Der Herd ak d.as Sein.<br />
(Erneutes Bedenken des Anfangs des Chorliedes und des<br />
Schluputortes.)<br />
Die Antwort auf diese Frage wird uns gli-icken, wenn wir das<br />
entscheidende Wort noch einmal bedenken, mit dem der Chorgesang<br />
beginnt und dessen Auslegung der Chorgesang selbst<br />
ist:<br />
roll.d td 0euvd xorl0dv dv0gcixou Eerv6tepov r6lel'<br />
Vielfiiltig das Unheimliche, nichts doch<br />
iiber den Menschen hinaus Unheimlicheres ragend sich regt.<br />
Worauf blickt dieser Spruch hinaus? Er spricht vom Unheimlichen;<br />
er spridrt vom Unheimlichsten; er spricht aus, da8 der<br />
Mensdr im Vielfiiltigen des Unheimlichen das Unheimlichste<br />
sei. Der Spruch sagt vom 6stv6v und nennt das n6J,erv - das<br />
sifrregende<br />
Ragen, das lvechselvolle Insichruhen, das Aussichhervorkommen<br />
und als dieses Kommen und Gehen doch Insichbleiben;<br />
dies nennen die Griechen sonst qtoLg, und das ist<br />
das Wort fiir das Sein. Und dieses Selbe nennt auch td n61.erv.<br />
Der Spruch blickt, das Unheimliche alles und in seinen Miig-<br />
Uchkeiten iiberblickend, auf das Sein alles Seienden. Wohin<br />
immer das Unheimlichste als das Unheimischste hinausfahren<br />
mag, es bleibt, sofern es als das Unheimischste noch ist, iiberall<br />
in dem Umkreis des Seins selbst. Wobei immer das Unheimlichste<br />
einen Ausweg suchen mag und wohin es immer zuriickgesto8en<br />
und hinabgeworfen wird, es fiillt dabei in den Umkreis<br />
des Seins zuriick. Das Sein setzt dem Uberailhinausfahrenden<br />
keine Grenzen, weil dem Menschen bei seinem Umherfahren<br />
endlos ))neues( Seiendes begegnet und zugeschickt<br />
wird. Und dennoch findet der Mensch da keinen Ausweg und<br />
stiirzt und wei8 dabei gar nicht, was ihn beschrdnkt und niedersdrldgt:<br />
daB es dasselbe Sein ist, das ihm alle Tore iiffnet.<br />
Das Unheimische bleibt bei aller Unheimischkeit im Umkreis<br />
des Seins. Das Unheimische bleibt auf das Heimische bezogen.<br />
Gesetzt, da8 es verschiedene Miiglichkeiten dieses Bezuges gibt,<br />
dann gibt es auch noch verschiedene Weisen des Unheimischseinsl<br />
dann hat die VerstoBung des Unheimlidren einen entsprechend<br />
verschiedenen Sinn.<br />
Aus dem Chorlied selbst kennen wir zundchst nur den Unheimischen,<br />
der im Seienden je durch eigenen Umtrieb den<br />
Ausweg zum Heimischen und die Stdtte des Seienden sucht.<br />
Sein Umtrieb gilt nur der Verkehrung des Seienden in das Unseiende.<br />
Wenn nun aber dieser Unheimliche ausgestoBen wird<br />
vom Herde, wenn ihm das SchluBwort des Chores das edrte<br />
Wissen abspricht, kommt er dann durch diese Versto8ung<br />
nicht auBerhalb des Seins zu stehen? Keinesfalls - denn ihm<br />
wird ja nidrt jede Art von qqoveiv abgesprodren, ihm wird<br />
vielmehr dies zugesprochen, da8 er im Seienden wahrhaft zu<br />
sein wiihne, ohne es doch zu sein. Die Verwerfung sagt, daB