17.11.2013 Aufrufe

„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net

„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net

„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Grundlagen der Hexenprozesse 7<br />

nur als unbußfertig, sondern sogar als Verteidiger jener Ruchlosigkeit zum Tode verurteilt<br />

worden waren, es geschah, daß sie im Feuer unversehrt blieben? Als sie schließlich durch<br />

einen anderen Ratsbeschluß zum Ertränken verurteilt worden waren, konnte man nichts<br />

ausrichten, zum Erstaunen aller, während manche schon versuchten, deren Glauben als<br />

den rechten zu verteidigen. In Aufregung versetzt, sagte der Bischof über die Gemeinde<br />

ein dreitägiges Fasten an, nach dessen frommer Abhaltung jemandem offenbart wurde,<br />

daß jene [Ketzer] an einer bestimmten Stelle des Körpers, nämlich unter dem einen Arm,<br />

ein Zauber[mittel] zwischen Haut und Fleisch eingenäht hätten. Als man das gefunden<br />

und beseitigt hatte, wurden sie unmittelbar darauf vom Brand verzehrt. 27<br />

Solche Beispiele hatten sicher einigen Einfluss auf das Hexenbild vieler Rezipienten,<br />

zumal der Hexenhammer durch die vorangestellte Bulle des Papstes und die Approbation<br />

der Kölner Universität besondere Glaubwürdigkeit beanspruchen konnte. 28 Weiter<br />

systematisiert und ausgebaut wurde das theoretische Gerüst der Hexenlehre dann vor<br />

allem durch das Tractatus de confessionibus maleficorum et sagarum des Trierer<br />

Weihbischofs Peter Binsfeld, das 1589, also knapp einhundert Jahre nach dem<br />

Hexenhammer, entstanden ist. Auch Binsfeld widmet einen Teil seines Traktats der<br />

Praxis der Hexenverfolgung. Er hebt besonders hervor, dass es sich beim<br />

Hexenverbrechen um einen Ausnahmetatbestand, ein crimen exceptum, handle, für das<br />

die Beschränkungen des normalen Strafrechts nur eingeschränkt Gültigkeit hätten. 29 Ein<br />

weiteres zentrales Werk für die Ausbildung der Hexenlehre ist nach Meinung der<br />

Forschung die sechsbändige Abhandlung Disquisitionum Magicarum libri sex des<br />

Jesuiten Martin Delrio, die 1599/1600 erschienen ist und unter anderem eine sehr<br />

detaillierte Schilderung des Hexensabbats enthält. 30<br />

Eine direkte Rezeption der Werke der Inquisitoren blieb jedoch wohl in der Regel den<br />

Mitgliedern der oberen Schichten sowie dem Klerus vorbehalten: So kann nämlich nur<br />

bei ihnen überhaupt der Zugang zu den Büchern angenommen werden. Außerdem<br />

konnten auch nur sie sich ausreichende theologische und juristische Kenntnisse<br />

aneignen, um die komplexen theoretischen Erörterungen, wie etwa die des<br />

Hexenhammers, zu verstehen. 31<br />

In den unteren Schichten verbreitete sich die neue<br />

Hexenlehre mit ihren typischen Elementen Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft, Hexenflug<br />

sowie Hexensabbat dagegen insbesondere durch vereinfachende Darstellungen<br />

beispielsweise in den Hexenpredigten. Daneben waren es aber auch die Hexenprozesse<br />

27<br />

28<br />

29<br />

30<br />

31<br />

Kramer 2004 [1486], 683.<br />

Ebd., 101–116.<br />

Vgl. hierzu auch Behringer, 2000, 182.<br />

Vgl. die Übersetzung in: Baroja 1967, 146–148.<br />

Abgesehen von den fehlenden Fachkenntnissen waren bei den Angehörigen der unteren Schichten<br />

wohl in der Regel auch keine ausreichenden Lese- sowie Lateinkenntnisse vorhanden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!