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„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net

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Grundlagen der Hexenprozesse 11<br />

orientiert. 47 Die schriftliche Aufzeichnung hatte dennoch erheblichen Einfluss auf die<br />

weitere Entwicklung der gewohnheitsmäßigen Rechte: Sie erlaubte nämlich die überregionale<br />

Verbreitung und Vergleichbarkeit von Rechtsauffassungen und verminderte die<br />

Gefahr, dass die Gewohnheitsrechte bei der Überlieferung verändert wurden.<br />

2.2 Übernahme des gelehrten Rechts<br />

Das so genannte „gelehrte Recht“ unterschied sich vom überlieferten Gewohnheitsrecht<br />

insbesondere dadurch, dass es schriftlich vorlag und Gegenstand wissenschaftlicher<br />

Bearbeitung war. Die Autorität des Rechts war dementsprechend weniger an die Überlieferung<br />

als vielmehr an die Rechtsschulen gebunden. An den Rechtsschulen –<br />

bedeutend waren im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit vor allem die italienischen<br />

Universitäten 48 – gab es zwei unterschiedliche Zweige der Rechtswissenschaft: Die römische<br />

und die kanonische Rechtswissenschaft.<br />

Das römische Recht wurde bereits im 6. Jahrhundert auf Initiative des römischen Kaisers<br />

Justinian (525-565) zusammengetragen und in den darauf folgenden Jahrhunderten<br />

ergänzt. 49 Diese Sammlung, die bei ihrer Wiederauflage im 16. Jahrhundert den Titel<br />

Corpus iuris civilis erhielt, 50 bildete den Kern der weltlichen Rechtswissenschaft („Legistik“).<br />

Parallel zur wissenschaftlichen Bearbeitung des weltlichen römischen Rechts<br />

erfolgte von theologischer Seite die Beschäftigung mit den kirchlichen Gesetzen, deren<br />

Kern die um 1140 entstandene Sammlung Decretum Gratiani bildete. 51 Dies begründete<br />

die „Kanonistik“, die sich zunehmend von der römischen Rechtswissenschaft absetzte<br />

und seit dem Ende des 12. Jahrhunderts einen eigenen Zweig der Rechtswissenschaft an<br />

den Universitäten darstellte. 52 Folge der wissenschaftlichen Bearbeitung des Rechts war<br />

eine Abwendung vom Einzelfall hin zu eher allgemeingültig und abstrakt formulierten<br />

Rechtstexten. Die Kanonistik schuf als Gegenstück zum Corpus iuris civilis das aus<br />

mehreren kirchlichen Gesetzessammlungen zusammengestellte Corpus iuris canonici,<br />

das die gesetzliche Grundlage der kirchlichen Gerichtsbarkeit darstellte. Im kanonischen<br />

Recht entwickelte sich auch die neue Verfahrensform des Inquisitionsprozesses, 53<br />

47<br />

48<br />

49<br />

50<br />

51<br />

52<br />

53<br />

Vgl. Meder 2005, 157.<br />

Vgl. Laufs 1996, 51f.<br />

Vgl. ebd., 48–51.<br />

Vgl. Eisenhardt 1995, 82.<br />

Vgl. Laufs 1996, 54f. sowie Eisenhardt 1995, 87.<br />

Vgl. Eisenhardt 1995, 87.<br />

Zur Entstehung des Inquisitionsprozesses vgl. die detaillierten Darstellungen bei Trusen 1988, 29–118

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