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„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net

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Grundlagen der Hexenprozesse 12<br />

die auf dem 4. Laterankonzil 1215 für die kirchliche Gerichtsbarkeit sanktioniert wurde.<br />

54 Im Gegensatz zum Akkusationsverfahren, das ein Parteiverfahren auf Antrag des<br />

Geschädigten darstellte, stand beim Inquisitionsverfahren die Idee einer rationalen<br />

Wahrheitsermittlung von Amts wegen im Vordergrund. Dies hatte zur Folge, dass die<br />

alten formalen Beweise (wie der Gottesbeweis) ihre Gültigkeit verloren und auf dem<br />

Laterankonzil von 1215 ausdrücklich verboten wurden. 55 An deren Stelle traten Zeugenaussagen<br />

und vor allem das Geständnis des Angeklagten. Ein Geständnis war jedoch<br />

in vielen Fällen mittels einer einfachen Befragung nicht zu erreichen, weshalb Papst<br />

Innozenz IV. in seiner Bulle Ad extirpanda 1252 die Verwendung der Folter in gerichtlichen<br />

Verfahren erlaubte. 56<br />

In die deutschen Territorien gelangte das kanonische Recht und die neue Verfahrensform<br />

des Inquisitionsprozesses über die kirchliche Gerichtsbarkeit, vor der seit dem<br />

Mittelalter alle Verfahren geführt wurden, von denen Angehörige des Klerus oder Einrichtungen<br />

der Kirche selbst betroffen waren. Da vielfach aber zugleich Personen oder<br />

Institutionen aus dem weltlichen Bereich in die Verfahren involviert waren, drang das<br />

kirchliche Recht zunehmend in den weltlichen Bereich vor. 57 Trusen betrachtet dies als<br />

Auslöser für die Verwissenschaftlichung des Rechts in den deutschen Territorien:<br />

Nun brauchen auch Städte und Fürsten ausgebildete Juristen, um bei ihren<br />

Auseinandersetzungen mit geistlichen Institutionen und Personen durch sie Hilfe zu<br />

bekommen. 58<br />

Der Einzug des gelehrten Rechts in den weltlichen Bereich erfolgte also nicht mittels<br />

einer gesetzlichen Verordnung, sondern vielmehr über einzelne Personen, die kanonisches<br />

oder auch römisches Recht an einer Universität studiert hatten und von Städten<br />

oder Fürsten angestellt wurden. 59 Somit muss die Rezeption des gelehrten Rechts, also<br />

die Übernahme römisch-kanonischer Rechtsvorstellungen, als allmähliches Einsickern<br />

54<br />

55<br />

56<br />

57<br />

58<br />

59<br />

sowie Jerouschek 1992, 333–360.<br />

Vgl. Trusen 1988, 213f.<br />

Vgl. ebd. 1984, 55.<br />

Vgl. Behringer 2000, 73. Zur Bedeutung der Folter für die Hexenprozesse vgl. Trusen 1984, 33–69.<br />

Vgl. Laufs 1996, 56.<br />

Vgl. Trusen 1984, 57.<br />

Die Forschung geht jedoch davon aus, dass nur wenige dieser Juristen ein abgeschlossenes Studium<br />

vorweisen konnten. So schreibt Laufs (1996, 70) beispielsweise: „Eine große Gruppe stellten die<br />

Halbstudierten, die einige Jahre Vorlesungen gehört hatten und aus sozialen oder wirtschaftlichen<br />

Gründen zu einem Vollstudium oder zum Doktorgrad nicht gelangen, sich aber gleichwohl dem Juristenstand<br />

zurechnen konnten.“

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