„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net
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Grundlagen der Hexenprozesse 6<br />
liche Treffen und Orgien („Ketzersabbat“) vorwarf. 21 Gleichzeitig geriet die traditionelle<br />
Lehrmeinung der Kirche, die im Sinne Augustinus’ jede Wirksamkeit von Magie<br />
bestritt, zunehmend ins Wanken. Im 14. Jahrhundert verbanden sich schließlich heidnische<br />
Vorstellungen von dem realen Hexenflug, der körperlichen Verbindung mit dem<br />
Teufel sowie dem wirksamen Schadenszauber mit der Vorstellung von der Ketzersekte.<br />
Der vorläufige Abschluss dieser Entwicklung der Hexenlehre wird nach Meinung verschiedener<br />
Forscher durch die von den Inquisitoren verfassten dämonologischen Schriften<br />
markiert. 22 Als erstes bedeutendes Werk wird in diesem Zusammenhang meistens<br />
der Malleus Maleficarum („Hexenhammer“, 1486) von Heinrich Kramer betrachtet, der<br />
neben der Hexenlehre detaillierte Anweisungen zur Hexenverfolgung und dem Ablauf<br />
von Hexenprozessen enthält. 23 In Bezug auf die Hexenlehre scheint der Hexenhammer<br />
auf den ersten Blick gegenüber der früheren dämonologischen Literatur inhaltlich wenig<br />
Neues zu bieten. Seine Bedeutung liegt nach Meinung der Forschung eher in der „Zuspitzung<br />
der traditionellen Zauber- und Hexenvorstellungen“ sowie in der Konzentration<br />
auf das weibliche Geschlecht. 24 Die Hexenlehre Kramers geht – im Widerspruch zur<br />
traditionellen Lehrmeinung der Kirche – ausdrücklich von der Wirksamkeit von Zauberei<br />
aus und hebt die Gefahr materieller Schäden durch Hexen hervor. Dementsprechend<br />
sieht Segl in Kramer den Begründer der „Theorie vom crimen mixtum, derzufolge für<br />
‚Hexerei’ sowohl das geistliche (– wegen der Häresie der ‚Hexen’ –) wie auch das weltliche<br />
(– wegen des maleficium, des Schadenszaubers –) Gericht zuständig sein sollten.“-<br />
25 Grundsätzlich wird die These von der Wirksamkeit der Zauberei im Hexenhammer<br />
vor allem durch Beispiele gestützt, wie etwa die folgende Schilderung eines angeblichen<br />
Vorkommnisses aus Regensburg: 26<br />
Aber, was ist mit dem Fall in der Diözese Regensburg, der sich in der Weise ereig<strong>net</strong><br />
haben soll, daß, als einige aufgrund ihres eigenen Geständnisses überführte Ketzer nicht<br />
21<br />
22<br />
23<br />
24<br />
25<br />
26<br />
Vgl. Behringer 2000, 21.<br />
Vgl. beispielsweise Behringer 2000, 76 sowie Segl 1988, 3. Trusen sieht die kumulative Hexenlehre<br />
vor allem als ein Ergebnis der Praxis der Inquisitoren, mit deren Hilfe diese ihre Kompetenzen ausdehnten<br />
(vgl. ebd. 1995, 204f.).<br />
Inwieweit das Erscheinen dieser Werke Einfluss auf die realen Verfolgungen nahm, ist in der Forschung<br />
bis heute umstritten (vgl. Behringer/Jerouschek 2004, 11–17). Grundsätzlich muss aber von<br />
einer starken Rezeption durch die lesekundigen (also gebildeten) Schichten ausgegangen werden, da<br />
der Hexenhammer in der Zeit von 1486 bis 1669 in immerhin 30 Auflagen erschien (vgl. Behringer/Jerouschek<br />
2004, 11).<br />
Segl 1988, 3.<br />
Ebd., 3.<br />
Dieses Vorkommnis wird allerdings nach Erkenntnissen der neueren Forschung in der Chronik der<br />
Stadt nicht erwähnt. Vgl. die Anmerkung zur Übersetzung von Behringer/Jerouschek/Tschacher<br />
(Kramer 2004 [1486], 683).