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„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net

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Grundlagen der Hexenprozesse 15<br />

verdacht geraten“ und peinlich befragt werden konnte. 70 In der Praxis bedeutete dies,<br />

dass die Angeklagten zunächst gütlich befragt wurden. Wenn sie daraufhin die ihnen<br />

zur Last gelegten Verbrechen nicht „gestanden“, wurden sie mit der Folter bedroht (territio<br />

verbalis oder „Verbalterrition“) und bei weiterem „Leugnen“ schließlich der Folter<br />

unterzogen, deren Umfang entsprechend Artikel 58 im Ermessen des Richters lag. Ziel<br />

der Folterung war es, die genauen Umstände der Tat festzustellen, wie dies in Artikel 52<br />

dargestellt wird:<br />

52. Item bekent jemand zauberey, man soll auch nach den vrsachen vnnd vmbstenden (als<br />

obsteht) fragen, vnd des mer, wo mit, wie vnd wann, die zauberey beschehen, mit was<br />

worten oder wercken. So dann die gefragt person anzeygt, daß sie etwas eingraben, oder<br />

behalten hett daß zu solcher zauberey dienstlich sein solt, Mann solls darnach suchen ob<br />

man solchs finden kundt, wer aber solchs mit anderen dingen, durch wort oder werk<br />

gethan, Man soll dieselben auch ermessen, ob sie zaubery auff jnen tragen. Sie soll auch<br />

zufragen sein, vonn wem sie solch zauberey gelernt, vndt wie sie daran kommen sei, ob sie<br />

auch solch zauberey gegen mer personen gebraucht, vnd gegen wem, was schadens auch<br />

damit geschehen sei. 71<br />

Bei der Untersuchung der Umstände standen vor allem zwei Gesichtspunkte im Vordergrund:<br />

Auf der einen Seite sollte eine rationale Wahrheitsermittlung stattfinden, bei der<br />

sich die Schuld der Angeklagten auch dadurch erwies, dass sie Einzelheiten der Verbrechen<br />

nannten, die nur den Tätern bekannt sein konnten. In diesem Sinne waren auch<br />

Suggestivfragen verboten und die Verhörenden aufgefordert, keynem gefanen die<br />

vmbstende der missethat vor zusagen, sonder jn die gantz von jm selbst sagen lassen. 72<br />

Bei den Hexenverhören ging es auf der anderen Seite darum, die Namen weiterer Verdächtiger<br />

mittels Besagung zu erhalten. Die Besagung spielte eine zentrale bei der Hexenverfolgung,<br />

da man von der Existenz regelrechter Hexensekten ausging, für deren<br />

heimliche Verbrechen es naturgemäß keine unbescholtenen Zeugen geben konnte. 73<br />

Neben dem Inquisitionsprozess als neuer Prozessform wurde mit der Carolina auch<br />

erstmals die Schriftlichkeit für alle peinlichen Prozesse vorgeschrieben. Damit gewannen<br />

die Aussagen, aber auch der Verfahrensablauf eine Form, die sie von Zeit und<br />

70<br />

71<br />

72<br />

73<br />

Schormann 1996, 45.<br />

Schroeder 2000, 48/49.<br />

Ebd., 50.<br />

Diese Praxis steht sicher auch in engem Zusammenhang mit den Vorstellungen der Dämonologen. So<br />

forderte Kramer (2004 [1486], 637) im Hexenhammer: Merke, daß Exkommunizierte, ebenso Komplizen<br />

und Gefährten des Verbrechens, ebenso Infame und Verbrecher, Knechte gegen ihre Herren zur<br />

Verhandlung und zum Zeugen in jedweder Glaubenssache zugelassen werden; ebenso wie ein Ketzer<br />

gegen einen Ketzer zum Zeugnis zugelassen wird, so wird [dies] auch ein Zauberer gegen einen Zauberer,<br />

jedoch nur mangels anderer Beweise und immer dagegen und nicht dafür; auch Ehefrau und<br />

Söhne und Angehörigen dagegen und nicht dafür.

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