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„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net

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Grundlagen der Hexenprozesse 17<br />

gerichtet werden sollte. 78 Damit ergibt sich die folgende Zweiteilung, auf die in der Forschung<br />

verschiedentlich hingewiesen wird: Für das Prozessrecht hatte vor allem das<br />

kanonische Recht Vorbildfunktion, während für das materielle Recht das römische<br />

Recht die wichtigste Grundlage bildete. 79 In der Literatur wird die Carolina daher häufig<br />

als Abschluss der Rezeption des römischen Rechts gesehen. 80 Man muss jedoch davon<br />

ausgehen, dass mit dieser Verordnung die Übernahme des gelehrten Rechts in der Praxis<br />

keineswegs abgeschlossen war. Vielmehr hatten die Stände der Carolina erst zugestimmt,<br />

nachdem in die Vorrede eine salvatorische Klausel eingefügt worden war, die<br />

ihnen weiterhin die Anwendung lokaler Gewohnheitsrechte gestattete:<br />

Doch wollen wir durch diese gnedige erinnerung Churfürsten Fürsten und Stenden, an<br />

jren alten wohlherbrachten rechtmessigen vnnd billichen gebreuchen nichts benommen<br />

haben. 81<br />

Somit behielten die überlieferten Gewohnheitsrechte auch nach Verabschiedung der<br />

Carolina häufig ihre Gültigkeit, was sich auch daran zeigt, dass vielerorts auch die alten<br />

formalen Beweismittel wie die Wasserprobe weiterhin Anwendung fanden. 82 Durch die<br />

salvatorische Klausel wurde zudem die Entstehung und Anwendung zahlreicher territorialer<br />

Rechtsordnungen vor allem im 16. Jahrhundert und 17. Jahrhundert ermöglicht.<br />

Während viele dieser Ordnungen große Teile der Carolina übernahmen oder sich darauf<br />

beriefen, wichen insbesondere die sächsischen Ordnungen erheblich von den Vorschriften<br />

der Carolina ab – und dies sowohl in prozessrechtlicher als auch in materiellrechtlicher<br />

Hinsicht. 83 Für die Hexenprozesse ist dabei insbesondere die Verschärfung der<br />

Strafe für Zauberei von entscheidender Bedeutung. Im Gegensatz zur Carolina sahen<br />

die Kursächsischen Konstitutionen von 1572 auch für den Teufelspakt ohne Schadenszauber<br />

die Todesstrafe durch Verbrennen vor:<br />

Demnach ordnen wir, so jemand in Vergessung seines christlichen Glaubens mit dem<br />

Teufel Verbündnis aufrichtet, umgeht oder zuschaffen hat, daß dieselbige Person, ob sie<br />

gleich mit Zauberei niemand Schaden zugefügt, mit dem Feuer vom Leben zum Tode<br />

gerichtet und gestraft werden soll. 84<br />

Verschärfungen des Zaubereiparagraphen wurden ebenso in verschiedenen anderen<br />

78<br />

79<br />

80<br />

81<br />

82<br />

83<br />

84<br />

Vgl. Eisenhardt 1995, 100.<br />

Vgl. Jerouschek 1992, 341.<br />

Vgl. etwa Haß 1986, 168 oder Schormann 1996, 42.<br />

Schroeder 2000, 10.<br />

Vgl. etwa Topalović 2003, 28f.<br />

Vgl. HRG 1971, 1557f.<br />

Des [...] Fürsten [...] Augusten, Herzog von Sachsen [...] Verordnungen und Constitutionen des Rechtlichen<br />

Proces 1572, 74f., zit. n. Behringer 2000, 158.

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