„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net
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Wiedergabeformen 81<br />
damit zusammen, dass die zeitgenössischen Gerichtsordnungen nicht explizit die Wiedergabe<br />
von Reden der Gerichtsangehörigen vorschreiben. 342<br />
2.2 Markierung von Redewiedergaben<br />
Die Forderung der Rechtsfakultäten, die Verhörprotokolle streng nach Frage- und Antwortartikeln<br />
zu gliedern, machte die Markierung der Redewiedergaben nur in sehr beschränktem<br />
Maß erforderlich. Dementsprechend wird beispielsweise im Protokoll aus<br />
Leipzig von 1640 nur jedem Antwortartikel einmal sagt als Redeeinleitung vorangestellt.<br />
Wie die Untersuchung zur Textorganisation der Protokolle gezeigt hat, stellt die<br />
klare Gliederung nach Frage- und Antwortartikeln jedoch eher eine Idealvorstellung<br />
dar, die nur in wenigen der untersuchten Protokolle verwirklicht wird. 343 In den meisten<br />
Protokollen werden dagegen die Redewiedergaben mit den anderen Elementen mehr<br />
oder weniger stark verwoben, so dass die Markierung der Aussagewiedergaben für die<br />
Zuordnung eine wichtige Rolle spielt. In diesen Protokollen sind die Redeeinleitungen,<br />
die die Aussagewiedergaben markieren, häufig mit in den Protokolltext eingebunden.<br />
So heißt es zum Beispiel im Protokoll aus Ostrau von 1628:<br />
Jedoch beken<strong>net</strong> sie, das ⏐sie+ alle vier<br />
wehren derselben ein 3. 4. Auch<br />
wohl 5. von ihr gegangen vnd gezeuget<br />
wordenn. 344<br />
Mit der Einbindung der Redeeinleitung konnte der Schreiber, wie das Zitat zeigt, die<br />
folgende Wiedergabe in einen bestimmten Kontext zum übrigen Protokoll stellen (im<br />
zitierten Beispiel wird etwa durch jedoch ein Gegensatz zur vorherigen Aussage hervorgehoben).<br />
In den untersuchten Protokollen werden zudem sehr unterschiedliche<br />
Verben als Redeeinleitungen genutzt. Eine weitgehend neutrale Markierung der Sprechakte<br />
stellen Verben wie sagen, das in 27 Protokollen verwendet wird sowie berichten,<br />
das immerhin in sieben Protokollen auftritt, dar. 345 Auf der anderen Seite werden Re-<br />
342 Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass auch die moderne Strafprozessordnung keine<br />
derartige Forderung enthält. Allerdings wird in den Kommentaren ausdrücklich zur Verzeichnung der<br />
Fragen geraten (vgl. etwa Rieß 2004, 395).<br />
343 Vgl. die Untersuchung zur Zurückweisung von Protokollen im dritten Kapitel (Seite 41–47).<br />
344 Macha [et al.] 2005, 314.<br />
345 Bei der Zählung wurden nur die Einleitungen zu Redewiedergaben ersten Grades berücksichtigt, da<br />
bei Redeeinleitungen innerhalb von Aussagen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Protokollführer<br />
nur die Worte der Angeklagten wiedergegeben hat. Zum Bedeutungsumfang der einzelnen Verben<br />
vgl. die entsprechenden Einträge im DWB oder auch die Untersuchungen von Topalović 2003,<br />
170–174. Im Unterschied zur Untersuchung von Topalović, die die Verwendung des Verbs berichten<br />
vor allem als Redeeinleitung zu Redewiedergaben von Gerichtsangehörigen und Zeugen feststellt