„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net
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Wiedergabeformen 69<br />
V<br />
Wiedergabeformen<br />
Die Protokollierung von Hexereiverhören stellte einen Transformationsprozess dar: Die<br />
mündliche Verhandlung wurde in die Schriftform überführt. Dies war erforderlich, um<br />
die Aussagen in Akten umzuwandeln, auf die sich die Justiz seit der Rezeption der gelehrten<br />
Rechte bei der Urteilsfindung stützte. In Zedlers Universal Lexicon heißt es in<br />
diesem Sinn:<br />
Weil aber nicht alles, was im Gerichte geschiehet, schrifftlich vollfFhret, sondern auch<br />
=ffters mFndlich vollzogen, und alsdann erst aufs Pappier gebracht wird, so wird dieses<br />
zusammen Acta, wenn sie aber getheilet betrachtet werden, Protocollum<br />
geheissen. 307<br />
Das Verhörprotokoll ist somit eine Hilfskonstruktion, mittels derer verbale und nonverbale<br />
Handlungen in Akten umgewandelt werden können. Bei solchen Umwandlungsprozessen<br />
stellt sich immer wieder die Frage nach der Angemessenheit der Umwandlung,<br />
die in dieser Untersuchung bereits in verschiedenen Zusammenhängen thematisiert<br />
worden ist. Insgesamt hat sich gezeigt, dass die zeitgenössischen Gesetze als wichtigsten<br />
Maßstab der Übertragung die akustische und visuelle Wahrnehmung der Protokollführer<br />
betrachten. Weiterhin sollen die Protokollführer durch ihre Person die Richtigkeit<br />
der Mitschriften garantieren, wobei ihnen allerdings einige Vorschriften hinsichtlich<br />
des Ablaufs der Protokollierung gemacht werden (zum Beispiel Verbot der Protokollführung<br />
während der Folter). Während die genannten Vorgaben in vielen Gesetzen<br />
sehr detailliert erörtert werden, sind Bestimmungen zur Textorganisation und sprachlichen<br />
Gestaltung in der Regel relativ vage gehalten oder fehlen ganz. So heißt es beispielsweise<br />
in der Carolina nur, die Wiedergabe solle vnderschiedlich nacheynander<br />
vnd lybels weiß erfolgen und die Nassauische Gerichts- und Landordnung verlangt eine<br />
Protokollführung in gebFrlicher und zierlicher form. In diesem letzten Kapitel soll am<br />
Textkorpus untersucht werden, wie die Schreiber die Protokolle angesichts solch vager<br />
Vorgaben gestalten. Insbesondere soll dabei die Frage im Mittelpunkt stehen, ob sich<br />
für Textorganisation sowie die Wiedergabe von verbalen und nonverbalen Handlungen<br />
schon einheitliche, überregionale Vertextungsmuster etabliert haben oder ob diese von<br />
lokalen Schreibtraditionen und den einzelnen Schreibern geprägt werden.<br />
307 Zedlers Universal Lexicon 1732, 388 [Art. Acta].