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„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net

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Zum frühneuzeitlichen Protokollbegriff 26<br />

Schreiber an Gerichten / odder sonst / erstlich all handelung verzeychnen / vnd darnach<br />

erst daheym einschreiben. 123<br />

Dieser Definition, die von Leonhard Schwarzenbach in den Synonyma (1554) fast wörtlich<br />

übernommen wird, 124 kann man eine Reihe wichtiger Angaben zum Protokollbegriff<br />

und zur Protokollführung entnehmen: Zunächst einmal wird das Protokoll mit dem<br />

Gerichtsbuch gleichgesetzt. Durch das odder sonst wird aber angedeutet, das ein solches<br />

Buch auch noch an anderen Institutionen existiert, ohne dass diese jedoch genauer definiert<br />

werden. Die Eintragungen im Gerichtsbuch konnten durch zwei Arten von Schreibern<br />

erfolgen: Notarien und offene Schreiber. 125 Auch die Praxis der Protokollführung<br />

wird in dieser Definition beschrieben: Während der Verhandlungen machten sich die<br />

Protokollanten offenbar Aufzeichnungen, auf deren Grundlage sie dann später die Reinschrift<br />

der Protokolle im Gerichtsbuch anfertigten. Dies entspricht im Wesentlichen den<br />

Ergebnissen der neueren Forschung, die von der Anfertigung temporärer Notizen 126<br />

beziehungsweise sogar von separaten Büchern für Mitschrift und Reinschrift (Protokollund<br />

Reinschriftbücher) ausgeht. 127 Weitergehende inhaltliche oder sprachliche Vorgaben<br />

für Protokollführung, wie etwa Selektionskriterien für die Mitschrift oder die<br />

sprachliche Gestaltung von Redewiedergaben, werden in der zitierten Definition nicht<br />

genannt. Grundsätzlich sieht Gobler das Protokoll im Wesentlichen als Textform der<br />

juristischen Praxis. Dies erscheint im Fall juristischer Hilfsliteratur keineswegs ungewöhnlich.<br />

Aber auch Simon Roths Wörterbuch Ein teutscher Dictionarius (1571) ord<strong>net</strong><br />

das Protokoll vor allem der juristischen Sphäre als Synonym für das Gerichtsbuch zu:<br />

Protocol, gemeyn statt oder gerichtsbůch, darein man allerley handlung verzeich<strong>net</strong>. 128<br />

Dies hängt sicher auf der einen Seite damit zusammen, dass Roth zum Teil auch juristische<br />

Quellen für sein Wörterbuch nutzte. 129 Auf der anderen Seite scheint der Protokollbegriff<br />

in der Frühen Neuzeit aber auch im allgemeinen Sprachgebrauch für Mitschriften<br />

in Gerichtsbüchern verwendet worden zu sein. Dies legt ebenfalls der Eintrag<br />

zum Begriff „Protokoll“ in Zedlers Universal Lexicon nahe, das eines der bedeutendsten<br />

Nachschlagewerke seiner Zeit darstellte:<br />

123 Gobler 1562, [o.S.], zit. n. Faksimileabdruck in: Haß 1986, 225.<br />

124 Vgl. hierzu Haß 1986, 210f. Die Synonyma richten sich jedoch nicht nur Juristen, sondern an Schreiber<br />

im Allgemeinen (vgl. dazu ebd., 23f.).<br />

125 Zur Abgrenzung der Begriffe Notarius und offener Schreiber vgl. auch Seite 38f.<br />

126 Vgl. beispielsweise Mihm 1995, 33.<br />

127 Vgl. HRG 1971, 1543.<br />

128 Roth 1571, 343, zit. n.: DRWB 2001, 1388.<br />

129 Vgl. hierzu Müller 2001, 523f.

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