„Die gefangene leugknet alles“ - Historicum.net
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Wiedergabeformen 72<br />
koll unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von der Struktur der beiden zuvor dargestellten<br />
Protokolle, da hier verschiedene Wiedergabeformen nebeneinander auftreten:<br />
Neben indirekter Rede finden sich dort direkte Rede sowie Zusammenfassungen, Berichte<br />
und Kommentare des Protokollanten. So werden beispielsweise die Antworten<br />
auf die ersten beiden Frageartikel mit negando („durch Verneinen“, S. 35, Z. 10) zusammengefasst.<br />
Ein eindrucksvolles Beispiel für das Nebeneinander verschiedener<br />
Wiedergabeformen ist die Wiedergabe der Antwort auf den dritten Frageartikel. Die<br />
Wiedergabe beginnt zunächst in zusammenfassender Berichtform (Auf den 3 gleichfals<br />
mit Nein., S. 35, Z. 11), geht dann in eine leicht wertende beziehungsweise erklärende<br />
Redeeinleitung über (gestund aber, S. 35, Z. 11), an die sich indirekte Rede anschließt<br />
(das wie sie | de+ ihren verlohrenen hanen aus Hansen Vogts hause hette langen wollen,<br />
vndt daselbst die thür für ihr zugethan wäre, hette sie sich unnütze gemachet, vndt<br />
gesaget:, S. 35, Z. 12-15), auf die dann eine Wiedergabe in direkter Rede folgt (ich bin<br />
ia kein teuffel, sondern ein mensche., S. 35, Z. 18). Wie im Protokoll aus Rosenfeld<br />
wird im Protokoll aus Göttingen die Marginalspalte genutzt, um Zweifel an bestimmten<br />
Aussagen zu wecken oder bestimmte Aussageteile hervorzuheben (zum Beispiel: N[ota]<br />
B[ene] Da hatt sie müssen für Dameraths haus vorbey gehen., S. 36, Z. 40-44).<br />
Insgesamt ist festzustellen, dass die Form der Aussagewiedergabe längst nicht so einheitlich<br />
und systematisch wie in den Protokollen aus Leipzig und Rosenfeld erfolgt,<br />
wenn auch die Wiedergabe in indirekter Rede immer noch den größten Raum einnimmt.<br />
Dies ist im Protokoll aus Dillenburg von 1631 nicht der Fall: Hier ist die Wiedergabe<br />
des Verhörs eher als zusammenfassender Bericht gestaltet, in den einige Redewiedergaben<br />
eingearbeitet sind. Der Eindruck eines zusammenfassenden Berichts wird noch verstärkt<br />
durch die Gliederung des Textes: Statt Frage- und Antwortartikel gegliedert und<br />
nummeriert aufzulisten, werden Erklärungen, Fragen, Redeeinleitungen, Aussagen und<br />
Kommentare des Protokollanten zu einem durchgehenden Text verwoben. Der Schreiber<br />
hat bei dieser Form des Protokolls erheblichen Einfluss auf den Inhalt, denn in seiner<br />
Verantwortung liegt die Zusammenstellung der Aussagen. Zugleich nimmt er auch<br />
durch die zusammenfassenden Stichworte (zum Beispiel: Confessio Blasphemiæ,<br />
S. 196, Z. 132) und Hervorhebungen in der Marginalspalte eine Einordnung und Deutung<br />
der Aussagen vor. Rösler spricht in ähnlichem Zusammenhang von einer „Verdichtung<br />
der Aussage“, die offensichtlich auch bei der Abfassung des Protokolls aus