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Überschuldung in Deutschland zwischen 1988 und 1999 - SB SH

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Z<strong>in</strong>sverpflichtungen stellt e<strong>in</strong>e wesentliche Komponente der Dynamisierung<br />

der Wirtschaft dar, denn die Schuldverpflichtungen müssen <strong>in</strong> jedem<br />

Fall getilgt werden, damit ke<strong>in</strong>e Überschuldung <strong>und</strong> ke<strong>in</strong> wirtschaftlicher<br />

Ru<strong>in</strong> e<strong>in</strong>tritt" (Korczak 1998c:213). Die Summe aller<br />

Schuldverhältnisse, multipliziert mit dem jeweils gültigen Z<strong>in</strong>ssatz, entspricht<br />

somit der Summe der erforderlichen wirtschaftlichen Mehrleistung<br />

zwecks Vermeidung des Untergangs (Malik 1994:129). Auf den<br />

Punkt gebracht, bedeutet dies, dass Verschuldung <strong>und</strong> Z<strong>in</strong>s die Auslöser<br />

von Reichtum <strong>und</strong> Wohlstandsproduktion s<strong>in</strong>d (He<strong>in</strong>son/Steiger<br />

1996:361).<br />

Dieser Zusammenhang wird besonders deutlich, wenn der primäre Anlass,<br />

Kredite aufzunehmen, analysiert wird. Weit überwiegend werden<br />

Kredite zur F<strong>in</strong>anzierung e<strong>in</strong>es Neuwagenkaufs aufgenommen. Von<br />

den 3,8 Mio. neuzugelassenen Pkw des Jahres <strong>1999</strong> wurden 25,7%,<br />

d.h. fast 1 Mio. Pkw, durch Kredite f<strong>in</strong>anziert. E<strong>in</strong>schließlich der Beiträge<br />

für Kfz-Versicherung <strong>und</strong> Steuer beliefen sich 1998 die monatlichen<br />

Ausgaben privater Haushalte b<strong>und</strong>esweit für verkehrsrelevante Waren<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen durchschnittlich auf 643 DM. Hochgerechnet auf<br />

das Jahr geben somit alle deutschen Haushalte <strong>in</strong>sgesamt knapp 300<br />

Mrd. DM für diesen Bereich aus. Berücksichtigt man, dass jeder 3. Arbeitsplatz<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> direkt oder <strong>in</strong>direkt von der Automobil<strong>in</strong>dustrie<br />

abhängig ist, ist das o.g. Postulat unmittelbar nachvollziehbar.<br />

Der Begriff der Überschuldung (die Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen)<br />

wurde zu Beg<strong>in</strong>n der 80er Jahre des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

sichtbar <strong>in</strong> die öffentliche Diskussion e<strong>in</strong>geführt. Im Zuge der anwachsenden<br />

Arbeitslosigkeit wurden vor allem die Beratungsstellen der<br />

freien Wohlfahrtspflege mit e<strong>in</strong>em ‚neuen‘ Problem konfrontiert: Hilfesuchenden,<br />

die ihren f<strong>in</strong>anziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen<br />

konnten <strong>und</strong> durch Schulden <strong>in</strong> Not geraten waren. 1975 gab es<br />

erst 12 Beratungsstellen, die im Rahmen e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>tegrierten Konzeptes<br />

Schuldnerberatung durchgeführt haben. Als erste spezialisierte Schuldnerberatungsstelle<br />

gilt die Schuldnerberatungsstelle der Stadt Ludwigshafen,<br />

die 1977 eröffnet wurde. 1980 waren bereits 39 Schuldnerberatungsstellen<br />

tätig, 1989 420, <strong>1999</strong> 1.160. Parallel zum Ausbau des<br />

Angebots an Schuldnerberatungsstellen nahm die Fülle der Veröffentlichungen<br />

zu dem Thema zu (s. Abb.1).<br />

Ausgelöst wurde dieser sichtbare Bedarf an Schuldnerberatung durch<br />

den E<strong>in</strong>druck, dass die Zahl der schwer <strong>und</strong> dauerhaft überschuldeten<br />

Menschen <strong>und</strong> Familien e<strong>in</strong>e Größenordnung erreicht hatte, die nicht<br />

mehr als ‚quantité négliable‘ bezeichnet werden konnte. Es wurde üblich,<br />

von der „Schuldenspirale“, dem „modernen Schuldturm“ <strong>und</strong> „Wu-<br />

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