Überschuldung in Deutschland zwischen 1988 und 1999 - SB SH
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Schulden, die <strong>in</strong> der Regel über 100.000 DM liegen. Die durchschnittliche<br />
Verschuldung von gescheiterten Selbständigen liegt bei 250.000<br />
DM (Leendertse 1998:107). Die Höhe dieser Schulden macht es sehr<br />
unwahrsche<strong>in</strong>lich, dass sich der gescheiterte Selbständige aus eigener<br />
Kraft wieder von se<strong>in</strong>en Zahlungsverpflichtungen befreien kann: er oder<br />
sie wird kompetente Hilfe benötigen (We<strong>in</strong>hold 1998:65).<br />
2.3 Situation überschuldeter Haushalte<br />
Wie eben schon an dem Beispiel gescheiterter Selbständiger deutlich<br />
wurde, s<strong>in</strong>d überschuldete Haushalte durch e<strong>in</strong>en sehr ger<strong>in</strong>gen Handlungsspielraum<br />
gekennzeichnet. Ihre ökonomischen Ressourcen s<strong>in</strong>d<br />
mehr als ausgeschöpft. Theoretisch wäre es möglich, den Mangel an<br />
ökonomischen Ressourcen durch soziale Ressourcen zu kompensieren.<br />
Aber für Überschuldungssituationen ist es typisch, dass neben den<br />
ökonomischen Ressourcen auch die sozialen Ressourcen ausgeschöpft,<br />
bzw. nicht mehr vorhanden s<strong>in</strong>d. Je länger die wirtschaftliche<br />
Notlage andauert, desto eher werden soziale Kontakte aufgegeben.<br />
Dies geschieht zum e<strong>in</strong>en aus Angst vor Stigmatisierung <strong>und</strong> zum anderen<br />
weil schlichtweg das Geld zum Ausgehen oder für E<strong>in</strong>ladungen<br />
fehlt (Kuntz <strong>1999</strong>: 31). Übrig bleiben meist nur die engsten Familienmitglieder,<br />
die eventuell auch durch Bürgschaften <strong>in</strong> die Überschuldungssituation<br />
<strong>in</strong>volviert s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> demzufolge selbst mit f<strong>in</strong>anziellen Schwierigkeiten<br />
zu kämpfen haben.<br />
Auch die eigenen Problembewältigungskompetenzen reichen nicht aus,<br />
um aus der Überschuldungssituation zu entkommen. Vielmehr s<strong>in</strong>d<br />
häufig Verhaltensmuster anzutreffen, die die Überschuldungssituation<br />
noch verschärfen, wie z.B. das Ungeöffnetlassen von Rechnungen <strong>und</strong><br />
Mahnungen. E<strong>in</strong>en Erklärungsansatz für dieses irrational anmutende<br />
Verhalten liefert Seligman (<strong>1999</strong>: 42f) mit se<strong>in</strong>er Theorie der „erlernten<br />
Hilflosigkeit“: Menschen, die die Erfahrung machen, dass unabhängig<br />
von ihrem Verhalten, das Ergebnis ihrer Handlungen nicht zu bee<strong>in</strong>flussen<br />
ist, werden zukünftig ihre Reaktionen e<strong>in</strong>schränken bzw. e<strong>in</strong>stellen,<br />
Ängste entwickeln <strong>und</strong> zu der Überzeugung gelangen, dass sie<br />
unfähig s<strong>in</strong>d.<br />
Übertragen auf die Überschuldungssituation bedeutet dies, dass überschuldete<br />
Haushalte oft die Erfahrung machen, dass trotz ihrer unternommenen<br />
Versuche, die Lage zu verbessern, der Schuldenberg immer<br />
weiter anwächst. Erfahrungen aus der Schuldnerberatungspraxis<br />
untermauern den Sachverhalt: Viele Gläubiger reagieren auf die Versu-<br />
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