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Überschuldung in Deutschland zwischen 1988 und 1999 - SB SH

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diensten, die sich an e<strong>in</strong>kommensschwache <strong>und</strong> gesellschaftlich benachteiligte<br />

Haushalte richten (Meier 2000:12). Die Verbraucherzentralen<br />

s<strong>in</strong>d zu sehr an der Mittelschicht orientiert (Reiter 1991:248ff) <strong>und</strong><br />

die Schuldnerberatungen werden meist erst aufgesucht, wenn es schon<br />

fast zu spät ist (Korczak 1997:394). „Die Mündigkeit des Bürgers – wird<br />

daher zu e<strong>in</strong>er Leerformel, wenn nicht über das Bildungssystem <strong>und</strong><br />

über Informations- <strong>und</strong> Beratungsdienstleistungen diejenigen Kompetenzen<br />

vermittelt werden, die <strong>in</strong> der modernen Wohlstandsgesellschaft<br />

zur eigenverantwortlichen Lebensführung erforderlich s<strong>in</strong>d“ (Wissenschaftlicher<br />

Beirat 1993:127).<br />

2.1.5 Kreditvergabepraxis<br />

Zwar s<strong>in</strong>d letztendlich kritische Lebensereignisse Auslöser der Überschuldungssituation,<br />

die Gr<strong>und</strong>lagen dafür werden jedoch bereits bei<br />

der Kreditvergabe gelegt (Schmidt 1995:76). Wie oben ausgeführt ist<br />

die Verschuldungsbereitschaft der Bevölkerung relativ hoch. Konsumentenkredite<br />

s<strong>in</strong>d unproblematisch, solange die Biographie des Haushalts<br />

normal verläuft. Die gesellschaftliche Entwicklung geht jedoch<br />

eher dah<strong>in</strong>, dass solche „Normalbiographien“ im S<strong>in</strong>ne von dauerhaften<br />

Paarbeziehungen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er konstanten Erwerbsbiographie seltener<br />

werden (Reis 1992:218). Sowohl die Scheidungsraten als auch die Arbeitslosenzahlen<br />

s<strong>in</strong>d höher als bspw. noch vor 30 Jahren. Da die<br />

Rückzahlung von Krediten e<strong>in</strong>e stabile Haushaltsbiographie voraussetzt,<br />

s<strong>in</strong>d eben jene Haushalte von Überschuldung bedroht, bei denen<br />

diese Stabilität nicht gegeben ist.<br />

Die Banken könnten der hohen Verschuldungsbereitschaft entgegenwirken,<br />

<strong>in</strong>dem sie (die Experten <strong>in</strong> Sachen F<strong>in</strong>anzierung) die f<strong>in</strong>anzielle<br />

Belastbarkeit <strong>und</strong> persönliche Situation ihrer K<strong>und</strong>en ausreichend berücksichtigen<br />

<strong>und</strong> die Haushalte gewissenhaft über Risiken <strong>in</strong>formieren.<br />

In der Praxis ist dies aber oft nicht der Fall.<br />

Im Gegenteil, die Kreditvergabepolitik der Banken erfolgt nach dem<br />

Pr<strong>in</strong>zip der Gew<strong>in</strong>nmaximierung, d.h. Ziel der Anzahl der abgelehnten<br />

Kredite ist nicht, übermäßige Verschuldung zu vermeiden, sondern e<strong>in</strong>e<br />

möglichst große Differenz <strong>zwischen</strong> dem erwarteten Gew<strong>in</strong>n aus erfolgreichen<br />

Kreditgewährungen <strong>und</strong> dem erwarteten Verlust aus geplatzten<br />

F<strong>in</strong>anzierungen. Banken akzeptieren also von vornhere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en gewissen<br />

Ausfall (Schönbauer 1990:112f). Wohl auch deswegen, weil die Risiken<br />

fast ausschließlich der Kreditnehmer trägt (Wissenschaftlicher<br />

Beirat 1993:128).<br />

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