Überschuldung in Deutschland zwischen 1988 und 1999 - SB SH
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seitens der seriösen Kredit<strong>in</strong>stitute führen häufig dazu, dass die Betroffenen<br />
sich <strong>in</strong> ihrer Not an unseriöse Kreditvermittler wenden <strong>und</strong> so<br />
weiteren f<strong>in</strong>anziellen Schaden nehmen. In Zeitungen <strong>und</strong> Zeitschriften<br />
f<strong>in</strong>den sich Inserate, die Kredite „ohne Sicherheiten“, „ohne SCHUFA-<br />
Auskunft“ oder „Bargeld ohne lästige Bankgespräche“ sowie sofortige<br />
Schuldenfreiheit versprechen. Dort werden Personen angesprochen,<br />
die sich <strong>in</strong> f<strong>in</strong>anziellen Nöten bef<strong>in</strong>den. Dies s<strong>in</strong>d klassisch die weniger<br />
gebildeten unteren sozialen Schichten, neuerd<strong>in</strong>gs aber auch Rechtsanwälte<br />
oder Ärzte, die für ihre Existenzgründung zusätzlichen Kredit<br />
benötigen (Risch 2000: 59, 71ff).<br />
Die Methoden, f<strong>in</strong>anziell schwachen Haushalten, Geld „aus der Tasche<br />
zu ziehen“, s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach. Meist wird zur Bearbeitung des Kreditantrages<br />
e<strong>in</strong>e „Vorabgebühr“ (Aufwandsentschädigung, Reisekosten, Bearbeitungsgebühren)<br />
fällig. Die Höhe dieser Gebühr beträgt <strong>zwischen</strong> sechs<br />
<strong>und</strong> zwanzig Prozent des gewünschten Kreditbetrages. E<strong>in</strong>e Kreditvermittlung<br />
wird von diesen „F<strong>in</strong>anzdienstleistern“ <strong>in</strong> der Regel jedoch gar<br />
nicht beabsichtigt. Diese Geschäftspraxis bewegt sich rechtlich im<br />
„grauen“ Bereich, da nach § 17 Abs. 2 VerbrKrG e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung<br />
möglich ist, die die entstanden Kosten – auch <strong>in</strong> pauschalierter Form –<br />
<strong>in</strong> Rechnung stellen kann.<br />
Diese Kosten (Vorabgebühren) werden von den Betroffenen massiv<br />
e<strong>in</strong>getrieben, obwohl ke<strong>in</strong>e Auszahlung erfolgt ist (Risch 2000:62f).<br />
E<strong>in</strong>e relativ neue Methode ist die Verwendung von gebührenpflichtigen<br />
Telefonnummern (sog. 0190-Nummern), bei der die Anrufer lange <strong>in</strong> der<br />
Warteschleife gehalten werden. Der Anschluss<strong>in</strong>haber kassiert pro M<strong>in</strong>ute<br />
2,70 DM, so kann er <strong>in</strong>nerhalb weniger Tage E<strong>in</strong>künfte <strong>in</strong> fünfstelliger<br />
Höhe erzielen (Risch 2000:62). Nicht mehr so neu, aber trotzdem<br />
immer noch sehr lukrativ s<strong>in</strong>d die Abschlüsse von Lebensversicherungen<br />
oder Bausparverträge, die sich die f<strong>in</strong>anziell Bedrängten eigentlich<br />
nicht leisten können, aber trotzdem abschließen, da sie so – laut dem<br />
Kreditvermittler – angeblich kreditwürdiger werden (Maltry 1998:23).<br />
E<strong>in</strong>e strafrechtliche Verfolgung dieser unseriösen F<strong>in</strong>anzdienstleistungsanbieter<br />
gestaltet sich schwierig, da zum e<strong>in</strong>en die Dunkelziffer<br />
der tatsächlich verübten Straftaten sehr hoch ist, weil die Opfer aus<br />
Angst oder Scham schweigen, <strong>und</strong> zum anderen „die soziale Kontrolle<br />
durch Gesetzgebung, Ordnungs- <strong>und</strong> Strafverfolgungsbehörden noch<br />
nicht h<strong>in</strong>reichend ausgebildet“ (Risch 2000: 83) ist. Das heißt um e<strong>in</strong>e<br />
effektive Strafverfolgung betreiben zu können, müssen zunächst e<strong>in</strong>mal<br />
gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die die Aktivitäten dieser<br />
Kreditbetrüger e<strong>in</strong>deutig als illegal klassifizieren (Risch 83f: 104).<br />
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