Überschuldung in Deutschland zwischen 1988 und 1999 - SB SH
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Die Individualisierung <strong>in</strong> der Gesellschaft geht e<strong>in</strong>her mit großen Unsicherheiten<br />
auf den Arbeits-, Waren- <strong>und</strong> Geldmärkten <strong>und</strong> stellt an den<br />
Haushalt große Anforderungen, da die Masse der e<strong>in</strong>strömenden Informationen<br />
<strong>und</strong> Optionen von den Haushalten e<strong>in</strong>e enorme Bewältigungsleistung<br />
erfordert. Viele Haushalte können aufgr<strong>und</strong> mangelnder<br />
Ressourcen (Zeit, Geld, Wissen) diese Leistung nicht erbr<strong>in</strong>gen, falsche<br />
– manchmal fatale – Entscheidungen werden so getroffen. E<strong>in</strong>e unabhängige<br />
Beratung <strong>und</strong>/oder entsprechende (Schul-) Bildung ist deshalb<br />
erforderlich, die die Haushalte mit den entsprechenden Entscheidungskompetenzen<br />
ausstattet.<br />
In den Schulen wird momentan e<strong>in</strong>e entsprechende Bildung nicht vermittelt,<br />
da <strong>in</strong> den 70er Jahren <strong>in</strong> allen Schulsystemen <strong>und</strong> auf allen Bildungsstufen<br />
die „hauswirtschaftliche Bildung“ für Mädchen abgeschafft<br />
wurde (Wissenschaftlicher Beirat 1993:126). Mit der Folge, dass jetzt<br />
weder Jungen noch Mädchen Alltagswissen über Umgang mit Geld<br />
vermittelt bekommen, da diesbezügliche Unterrichtse<strong>in</strong>heiten nicht <strong>in</strong><br />
den Lehrplänen vorgesehen s<strong>in</strong>d. Somit können Sozialisationsdefizite<br />
aus dem Elternhaus nicht durch das Schulsystem aufgefangen werden.<br />
Dies ist besonders ungünstig für arme Familien, da sie zum e<strong>in</strong>en über<br />
e<strong>in</strong> marg<strong>in</strong>ales E<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong> zum anderen nur über e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geres<br />
Bildungsniveau verfügen. So fehlen ihnen häufig die ökonomischen<br />
Gr<strong>und</strong>kenntnisse über bedarfsgerechte Versicherungen oder Kreditf<strong>in</strong>anzierungen;<br />
das fehlende Wissen erweist sich oft als fatal, weil<br />
ungünstige Kreditf<strong>in</strong>anzierungen abgeschlossen werden, die e<strong>in</strong> Überschuldungsrisiko<br />
darstellen (Rosendorfer 2000:7f). Haushaltsökonomisches<br />
Wissen sollte aus diesen Gründen an allen Schulformen vermittelt<br />
werden.<br />
Zur Zeit wird diskutiert, von der fünften Klasse an e<strong>in</strong> eigenes Fach<br />
„Wirtschaft“ e<strong>in</strong>zuführen. Diese Forderung der Arbeitgeber stößt allerd<strong>in</strong>gs<br />
auf wenig Gegenliebe bei dem Präsidenten der Kultusm<strong>in</strong>ister-<br />
Konferenz: wirtschaftliche Zusammenhänge könnten auch <strong>in</strong> anderen<br />
Fächern vermittelt werden (o.V. 2000). Bei beiden Vorschlägen müssten<br />
die Lehrpläne geändert <strong>und</strong> die Lehrer entsprechend ausgebildet<br />
werden. Falls das Fach „Wirtschaft“ <strong>in</strong> den Schulen e<strong>in</strong>geführt wird,<br />
sollte darauf geachtet werden, die Schüler nicht nur auf die Unternehmen,<br />
sondern auch auf die Führung e<strong>in</strong>es privaten Haushalts (<strong>in</strong>sbesondere<br />
auf kreditwirtschaftliche Zusammenhänge) vorzubereiten.<br />
Experten s<strong>in</strong>d sich darüber e<strong>in</strong>ig, dass e<strong>in</strong>e (haushalts-) ökonomische<br />
Beratung die wirksamste Prävention vor Überschuldung darstellt (Korczak/Pfefferkorn<br />
1992:XXXII, Wenner 1994, Piorkowsky 2000). Leider<br />
existiert e<strong>in</strong> Mangel an allgeme<strong>in</strong>en haushaltsbezogenen Beratungs-<br />
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