Abschlussbericht der Enquete- Kommission 5/2 - Landtag ...
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dekretierten Anfor<strong>der</strong>ungen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
die insoweit geregelten Quoren, im bundesweiten<br />
Vergleich einen „Mittelplatz“ einnehmen.<br />
34 Der vielerorts behauptete Zusammenhang<br />
von gebietlichen Vergrößerungen <strong>der</strong><br />
Kommunalkörperschaften und einem Rückgang<br />
des bürgerschaftlichen Engagements<br />
ist bislang – auch für Brandenburg – nicht<br />
nachgewiesen. 35<br />
Aus Rheinland-Pfalz (und seit kurzem auch<br />
aus Baden-Württemberg) wird im Übrigen von<br />
einer „Leitstelle Bürgerengagement“ berichtet,<br />
die sich in diesen Län<strong>der</strong>n um die Bürgerbeteiligung<br />
kümmere. 36<br />
b) Bürgerbeteiligung bei Kommunal- und<br />
Verwaltungsreformen sowie bei Verwaltungs-<br />
und Genehmigungsverfahren<br />
Das Anhörungserfor<strong>der</strong>nis des Art. 98 Abs. 2<br />
Satz 3 LV Bbg, wonach vor einer Än<strong>der</strong>ung<br />
des Gemeindegebietes „die Bevölkerung<br />
<strong>der</strong> unmittelbar betroffenen Gebiete gehört<br />
werden [muss]“, ist ein landesverfassungsrechtlicher<br />
Solitär ohne Beispiel. Die Landesverfassung<br />
selbst nimmt hinsichtlich <strong>der</strong><br />
bürgerschaftlichen / einwohnerschaftlichen<br />
Rechte (die Verfassung spricht von <strong>der</strong><br />
„Bevölkerung“ 37 ) in Art. 98 Abs. 3 LV Bbg<br />
eine präzise Abgrenzung zwischen gebietlichen<br />
Neuordnungen <strong>der</strong> Gemeinde- und <strong>der</strong><br />
Gemeindeverbandsebene vor, indem dort<br />
angeordnet wird:<br />
„Das Gebiet von Gemeindeverbänden<br />
kann durch Gesetz o<strong>der</strong> aufgrund eines<br />
Gesetzes geän<strong>der</strong>t werden. Die Auflösung<br />
von Landkreisen bedarf eines<br />
Gesetzes. Vor <strong>der</strong> Entscheidung ist die<br />
gewählte Vertretung des Gemeindeverbandes<br />
zu hören.“<br />
Dieses landesverfassungsrechtliche Dekret<br />
spricht m. a. W. eine deutliche Sprache und lässt<br />
34<br />
Ebd., S. 43 f.<br />
35<br />
Büchner, P-EK2 5/6 vom 25.11.2011, S. 11 f.<br />
36<br />
Ziekow, P-EK2 5/17 vom 18.01.2013, S. 43 ff.<br />
37<br />
„Bevölkerung“ ist ein Statistik-Begriff. Nach <strong>der</strong> Rspr. des<br />
LVerfG, VfGBbg 95/03, Urt. v. 18.12.2003, Wachow, UA, S. 9,<br />
wird mit Art. 98 Abs. 2 LV Bbg die Anhörung <strong>der</strong> Bürger abgesichert.<br />
Vgl. hierzu weiterhin Art. 88 Abs. 2 Satz 3 SächsVerf,<br />
Art. 92 Abs. 2 Satz 3 ThürVerf („Bevölkerung“).<br />
eine „unmittelbare“ und kumulative Bürger-/ Einwohnerbeteiligung<br />
als sachwidrig erscheinen.<br />
Zwar kann die Bürgerin / <strong>der</strong> Bürger in einem<br />
Verwaltungsreformprozess prinzipiell die Rolle<br />
eines „zusätzlichen Beraters“ einnehmen;<br />
hierin liegt schließlich <strong>der</strong> Sinn einer Bürgerbeteiligung<br />
zu einem frühen Zeitpunkt, zu dem<br />
noch Gestaltungsvarianten existieren und eine<br />
Vorfestlegung nicht stattgefunden hat. 38 Bürgerbeteiligung<br />
darf dabei im Übrigen nicht nur<br />
„punktuell“, son<strong>der</strong>n sollte möglichst in großer<br />
thematischer Breite erfolgen. 39 Sie muss zudem<br />
als ergebnisoffener Dialog gestaltet sein; sonst<br />
ist bereits aus politischen Erwägungen (Frustration<br />
<strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürger über eine<br />
„Scheinbeteiligung“) von dieser abzusehen. 40<br />
Mit Blick auf die landesverfassungsrechtliche<br />
(Vor‐)Entscheidung durch die ausdrückliche<br />
Hervorhebung <strong>der</strong> Mitwirkung des gemeindeverbandlichen<br />
Vertretungsorgans (als ein<br />
deutliches Verdikt für eine repräsentativ-demokratische<br />
Ausformung <strong>der</strong> bürgerschaftlichen<br />
Mitwirkung im Falle einer Kreisneuglie<strong>der</strong>ung)<br />
scheidet aus Sicht <strong>der</strong> <strong>Enquete</strong>-<strong>Kommission</strong> in<br />
diesem Kontext eine kumulative Bürgerbeteiligung<br />
aus.<br />
III. Reformgeschichte im Land<br />
Brandenburg<br />
Seit <strong>der</strong> Neugründung des Landes Brandenburg<br />
am 3. Oktober 1990 gab es sowohl auf kommunaler<br />
Ebene als auch beim Land zahlreiche<br />
Verwaltungs(struktur)reformen. 41 Das Land Brandenburg<br />
befindet sich seit <strong>der</strong> Wende in einem<br />
kontinuierlichen Verän<strong>der</strong>ungsprozess. Dabei<br />
kann nicht verschwiegen werden, dass die<br />
meisten <strong>der</strong> bisherigen Reformen dem Ziel von<br />
Personal- und Kosteneinsparungen dienten. 42<br />
Die Wie<strong>der</strong>errichtung <strong>der</strong> kommunalen<br />
Selbstverwaltung in den neuen Län<strong>der</strong>n er-<br />
38<br />
Tillmann, P-EK2 5/4 vom 16.09.2011, S. 38.<br />
39<br />
Ziekow, P-EK2 5/17 vom 18.01.2013, S. 42.<br />
40<br />
Tillmann, ebd., S. 39.<br />
41<br />
Unter Verwaltungsstrukturreformen werden hier sowohl<br />
Reformen verstanden, die sich z. B. auf die Aufbau- o<strong>der</strong><br />
Ablaufstruktur einer einzelnen Behörde beziehen, als auch auf<br />
die Verlagerung von Aufgaben zwischen Land und Kommunen<br />
(Funktionalreform) sowie den verän<strong>der</strong>ten Zuschnitt <strong>der</strong> Gebietskörperschaften<br />
(Gebietsreform).<br />
42<br />
Westphal, P-EK2 5/7 vom 13.01.2012, S. 36.<br />
22 Bericht