Abschlussbericht der Enquete- Kommission 5/2 - Landtag ...
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Die <strong>Enquete</strong>-<strong>Kommission</strong> nimmt diese fachlichen<br />
Bedenken ernst. Ein wesentlicher Aspekt<br />
ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob<br />
bei den (neuen) kommunalen Aufgabenträgern<br />
ausreichend fachliche Kompetenz vorhanden ist<br />
o<strong>der</strong> unter Berücksichtigung <strong>der</strong> beschränkten<br />
finanziellen Mitteln aufgebaut werden kann, um<br />
eine Aufgabenerledigung künftig sicherzustellen,<br />
die den bisherigen fachlichen Standards<br />
gerecht wird. Das Maß <strong>der</strong> Spezialisierung kann<br />
den Kommunalisierungsvorhaben dementsprechend<br />
Grenzen setzen.<br />
Den pauschalen Einwand, dass eine Kommunalisierung<br />
die Einheitlichkeit <strong>der</strong> Aufgabenerledigung<br />
in Brandenburg gefährdete, sieht<br />
die <strong>Enquete</strong>-<strong>Kommission</strong> auch mit Blick auf die<br />
bereits gemachten Erfahrungen mit dem Vollzug<br />
schwieriger Aufgaben durch die kommunale<br />
Verwaltung als nicht sachgerecht an. Soll die<br />
Kommunalisierung von Aufgaben die Entscheidungs-<br />
und Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort<br />
stärken, dann muss umgekehrt auch hingenommen<br />
werden, dass wegen <strong>der</strong> individuellen<br />
Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
eine größere Vielfalt bei <strong>der</strong> Art und Weise <strong>der</strong><br />
Aufgabenerledigung eintritt.<br />
Mit <strong>der</strong> Übertragung neuer Aufgaben auf die<br />
kommunalen Aufgabenträger geht zwangsläufig<br />
einher, dass die dort zuständigen Organe auch<br />
in <strong>der</strong> Lage sein müssen, die politische Verantwortung<br />
für ihre Entscheidungen zu tragen.<br />
Die <strong>Enquete</strong>-<strong>Kommission</strong> weist auf den<br />
Zusammenhang von Größe <strong>der</strong> politischen Einheit<br />
und Gewährleistung fachlich tragfähiger Entscheidungen<br />
hin: Je kleiner die Einheiten sind, desto<br />
größer kann die Gefahr werden, dass einzelne<br />
starke örtliche Akteure ihre Interessen einseitig<br />
durchzusetzen vermögen. Dies kann zu fachlich<br />
nachteiligen Entscheidungsinhalten führen.<br />
Ein dem auf Dezentralität abzielenden<br />
Aufgabenverteilungsprinzip vergleichbares<br />
„Abwehrrecht“ gegen die Übertragung bislang<br />
in landeseigener Verwaltung wahrgenommener<br />
Aufgaben steht den funktionell in die staatliche<br />
Verwaltung eingeglie<strong>der</strong>ten Gemeinden und<br />
Gemeindeverbänden nicht zur Seite. Dies ist<br />
auch wenig überraschend, weil – auf den ersten<br />
Blick erkennbar – die Bedeutung insbeson<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> Landkreise durch die Zuweisung (zahlreicher)<br />
neuer Aufgaben (auch) im übertragenen<br />
Wirkungskreis gesteigert wird. 81 Gleichwohl ist<br />
in Rechtsprechung und Literatur anerkannt,<br />
dass die kommunale Selbstverwaltung nicht<br />
nur durch den Entzug, son<strong>der</strong>n auch durch eine<br />
Übertragung von Aufgaben gefährdet werden<br />
kann. 82 Diese Gefährdung droht bei Unterfinanzierung<br />
(dieser übertragenen Angelegenheiten,<br />
so dass die „freie [Finanz-]Spitze“ für freiwillige<br />
Selbstverwaltungsangelegenheiten gegen Null<br />
zusammenschmilzt) und auch dann, wenn <strong>der</strong><br />
Gesetzgeber in großer Anzahl materiell staatliche<br />
Aufgaben kommunalisiert und diese als<br />
Auftragsangelegenheiten und als Pflichtaufgaben<br />
zur Erfüllung nach Weisung mit weitgehenden<br />
staatlichen Weisungsrechten belastet,<br />
ohne zugleich ein hinreichendes Substrat<br />
kreiskommunaler Selbstverwaltungsaufgaben<br />
zu gewährleisten. 83 Vor diesem Hintergrund sind<br />
die folgenden Hinweise zur Konzeption <strong>der</strong> Aufgabenwahrnehmung<br />
durch Kommunen im Land<br />
Brandenburg geboten:<br />
Das idealtypische dualistische Aufgabenmodell<br />
unterscheidet strikt zwischen den von<br />
Gemeinden und Gemeindeverbänden wahrzunehmenden<br />
Aufgaben des eigenen und<br />
des übertragenen / fremden Wirkungskreises.<br />
Staatlichen Aufsichtsbehörden stehen lediglich<br />
rechtsaufsichtsrechtliche Befugnisse zu<br />
(sog. Kommunalaufsicht), soweit die Kommune<br />
im eigenen Wirkungskreis tätig ist. Vollzieht<br />
die Kommune demgegenüber Aufgaben aus<br />
dem übertragenen Wirkungskreis (klassisch:<br />
Auftragsverwaltung), unterliegt sie <strong>der</strong> uneingeschränkten<br />
Fachaufsicht.<br />
81<br />
Siehe hierzu ausführlich Kluth, in: Meyer, Hubert / Wallerath,<br />
Maximilian (Hrsg.) (2004): Gemeinden und Kreise in <strong>der</strong> Region.<br />
6. Greifswal<strong>der</strong> Verwaltungsfachtage am 5. und 6. März<br />
2003. Stuttgart: Richard Boorberg Verlag, S. 65 ff.<br />
82<br />
Statt aller Nierhaus, Michael (2008): Einführung, Verfassungsrechtliche<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an Kreisgebietsreformen, in: Büchner,<br />
Christiane / Franzke, Jochen / <strong>der</strong>s. (Hrsg.) (2008): Verfassungsrechtliche<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an Kreisgebietsreformen.<br />
Zum Urteil des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-<br />
Vorpommern. Potsdam: Universitätsverlag Potsdam, S. 7, mit<br />
zahlreichen Nachweisen.<br />
83<br />
Eine empirische Untersetzung dieses Gesichtspunktes nimmt<br />
Hesse vor, indem er die kreislichen Funktionsprofile durch<br />
Ermittlung des Anteils pflichtiger und weisungsabhängiger<br />
Aufgaben am Gesamtaufgabenvolumen beschreibt (Hesse,<br />
Jens Joachim (2009): Verwaltung erfolgreich mo<strong>der</strong>nisieren.<br />
Das Beispiel einer Kreisgebietsreform. Baden-Baden: Nomos,<br />
S. 75 ff., 105 ff.).<br />
36 Bericht