Abschlussbericht der Enquete- Kommission 5/2 - Landtag ...
Abschlussbericht der Enquete- Kommission 5/2 - Landtag ...
Abschlussbericht der Enquete- Kommission 5/2 - Landtag ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Allzuständigkeit bezieht sich auf exekutive<br />
Entscheidungsprozesse, denen, im Einklang<br />
mit <strong>der</strong> bundes- und landesverfassungsrechtlichen<br />
Konzeption <strong>der</strong> Gewaltenteilung,<br />
überwiegend ganz konkrete Einzelfälle zugrunde<br />
liegen. Eine Umwidmung <strong>der</strong> Allzuständigkeit<br />
des Kreistages in eine Art „politische“<br />
Gesamtverantwortung und „Steuerung“ bei<br />
gleichzeitigem Entzug <strong>der</strong> Zuständigkeit für<br />
Einzelfragen führte jedenfalls zu einem Systemwechsel,<br />
<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Brandenburgischen<br />
Kommunalverfassung nicht vorgesehen ist<br />
und im Übrigen wohl auch bundes- und landesverfassungswidrig<br />
wäre. Der kommunalverfassungsrechtliche<br />
Befund stimmt nämlich<br />
mit den bundes- und landesverfassungsrechtlichen<br />
Rahmenbedingungen überein, die auch<br />
für die Gemeindeverbände das Selbstverwaltungsrecht<br />
verankern. Die auf Selbstverwaltung,<br />
Dezentralität und bürgerschaftliches<br />
Engagement gerichtete verfassungsrechtliche<br />
Grundentscheidung nimmt billigend in Kauf,<br />
dass es durch die Entscheidungs- und Mitspracherechte<br />
<strong>der</strong> ehrenamtlichen Mandatsträgerinnen<br />
und Mandatsträger des Kreistages<br />
zu Verzögerungen – gewissermaßen<br />
zu „Störungen“ – bei <strong>der</strong> Administration von<br />
Einzelfällen kommen kann. Art. 28 Abs. 2 Satz<br />
2 GG ist insoweit die Garantie einer kollegialen<br />
Meinungsbildung, einer Mitwirkung des<br />
Ehrenamtes (ohne Befassungszwang) anstelle<br />
eines allein professionellen Verwaltungsmanagements.<br />
Dies alles vorausgeschickt, erscheint <strong>der</strong><br />
<strong>Enquete</strong>-<strong>Kommission</strong> die Übertragung von<br />
Aufgaben als Selbstverwaltungsaufgabe gegenüber<br />
einer Übertragung als Pflichtaufgabe<br />
zur Erfüllung nach Weisung o<strong>der</strong> als Auftragsangelegenheit<br />
aus kommunaler Perspektive als<br />
vorzugswürdig, weil bei Selbstverwaltungsaufgaben<br />
die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten<br />
größer sind, die kommunalen Verwaltungsträger<br />
die politische und administrative<br />
Letztverantwortung, sich lediglich einer Rechtsaufsicht<br />
gegenübersehen und insbeson<strong>der</strong>e die<br />
kreislichen Kollegialorgane eine dem Leitprinzip<br />
<strong>der</strong> kommunalen Selbstverwaltung entsprechende<br />
Entscheidungsrolle einnehmen können<br />
(sog. echte Kommunalisierung 86 ). Demgegenüber<br />
bestehen im Falle <strong>der</strong> Übertragung einer<br />
Aufgabe als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach<br />
Weisung son<strong>der</strong>aufsichtsrechtliche Befugnisse,<br />
im Falle <strong>der</strong> Auftragsverwaltung sogar ein uneingeschränktes<br />
fachliches Weisungsrecht <strong>der</strong><br />
staatlichen Aufsichtsbehörde. Die Übertragung<br />
von Aufgaben als Pflichtaufgabe zur Erfüllung<br />
nach Weisung stellt, wie bereits angedeutet, bei<br />
den bislang kommunalisierten Aufgaben den<br />
Regelfall dar.<br />
Nach Auffassung <strong>der</strong> <strong>Enquete</strong>-<strong>Kommission</strong><br />
ist nach allem die Übertragung von Landesaufgaben<br />
als Selbstverwaltungsaufgaben stärker<br />
und konsequenter als bislang umzusetzen. Es<br />
sind für die <strong>Enquete</strong>-<strong>Kommission</strong> keine Gründe<br />
ersichtlich, die – vorbehaltlich bundes- o<strong>der</strong><br />
europarechtlicher Vorgaben – einem solchen<br />
Vorgehen zwingend entgegenstünden. Die beabsichtigte<br />
Stärkung <strong>der</strong> kommunalen Selbstverwaltung<br />
sollte grundsätzlich auch mit dem<br />
Vertrauen einhergehen, dass die Kommunen<br />
fachlich in <strong>der</strong> Lage sind, am besten zu beurteilen,<br />
was vor Ort zweckmäßig ist.<br />
Bereits mit <strong>der</strong> Feststellung, dass die Zuständigkeit<br />
<strong>der</strong> Landkreise für überörtliche Aufgaben<br />
einen wesentlichen Kern des kreislichen<br />
Aufgabenspektrums darstellt, ist klargestellt,<br />
dass es nur zu einer begrenzten Verlagerung<br />
von kreislichen – überörtlichen – Aufgaben auf<br />
die Gemeindeebene (auch die Amtsgemeindesebene)<br />
kommen darf. Diese erhält ihre Legitimation<br />
zunächst aus <strong>der</strong> notwendigen Wahrnehmung<br />
ortsgemeindlicher Aufgaben und sodann<br />
ergänzend zur Herstellung von Orts- und<br />
Bürgernähe beim Vollzug überörtlicher Aufgaben.<br />
Nach allem ist bei <strong>der</strong> Aufgabenverteilung<br />
zwischen den beiden gemeindeverbandlichen<br />
Ebenen ein ausgewogenes Konzept anzustreben,<br />
das maßgeblich von den Größenzuschnitten<br />
und damit zugleich von <strong>der</strong> Verwaltungskraft<br />
dieser Körperschaften und vom Umfange<br />
<strong>der</strong> Kommunalisierung bislang staatlicher Aufgaben<br />
abhängt. Bei Einzelaufgaben und verein-<br />
86<br />
Dies ist keine streng juristische, son<strong>der</strong>n eine funktionale<br />
Betrachtung, weil u. a. eine Übertragung von Landesaufgaben<br />
als freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben rechtssystematisch<br />
auf die gemeindliche Ebene aufgrund <strong>der</strong> Allzuständigkeit <strong>der</strong><br />
Gemeinden von vornherein ausscheidet.<br />
38 Bericht