Freie Vorträge und Poster - Jahrestagung DDG 2012
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S94 46. <strong>Jahrestagung</strong> der Deutschen Diabetes-Gesellschaft | 1. – 4. Juni 2011, Leipzig<br />
P265<br />
Selbstmedikation mit Nahrungsergänzungsmitteln<br />
ist mit Religiosität assoziiert<br />
Heller T 1 , Müller N 1 , Kloos C 1 , Wolf G 1 , Ristow M 2 ,<br />
Müller UA 1<br />
1 Universitätsklinikum Jena, FB Endokrinologie <strong>und</strong><br />
Stoffwechselerkrankungen, Jena, Germany; 2 Friedrich<br />
Schiller Universität Jena, Ernährungswissenschaften,<br />
Humanernährung, Jena, Germany<br />
Fragestellung: Zusätzlich zu den vom Arzt empfohlenen oder verordneten<br />
Therapien nehmen Patienten Nahrungsergänzungsmittel (NEM)<br />
zur Therapie oder Prävention von Erkrankungen ein. Die Selbstbehandlung<br />
wird nicht systematisch in der Medikamententherapie erfasst.<br />
Prinzipiell sind Nebenwirkungen bzw. Interaktionen mit Medikamenten<br />
möglich oder wirksame Therapien werden zugunsten von NEM ausgesetzt.<br />
Wir untersuchten die Hypothese, dass religiöse Patienten besser<br />
mit Sorgen <strong>und</strong> ¾ngsten über Krankheiten umgehen <strong>und</strong> daher weniger<br />
NEM zusätzlich zur Medikamententherapie anwenden. Methodik: In<br />
einer Hochschulambulanz wurden im Zeitraum von 2 Monaten 428 Patienten<br />
(208 Männer; 220 Frauen; 18 – 87 Jahre) mit einem standardisierten<br />
Erfassungsbogen zur Anwendung von NEM befragt. Demographische<br />
sowie klinische Daten wurden aus der elektronischen Patientenakte<br />
EMIL Ò entnommen. Ergebnisse: 41% der Patienten nehmen NEM<br />
ein, Frauen häufiger als Männer (51,8% vs. 30,4%; p < 0,001). Am häufigsten<br />
verwendet wurden Mineralstoffe/Spurenelemente (60%), gefolgt<br />
von Vitaminen (57%), „sonstigen Präparaten“ (z. B. Omega-3-Fettsäuren,<br />
Diabetiker- <strong>und</strong> Entwässerungs-Mittel 43%) sowie Heilkräuter/-Pflanzen<br />
(35%). Der am meisten genutzte Mineralstoff ist Magnesium (81,1%) <strong>und</strong><br />
das häufigste Vitamin die Ascorbinsäure (33%). Anwender von NEM sind<br />
häufiger Frauen <strong>und</strong> Nichtraucher (p = 0,004), weisen häufigere Arztbesuche<br />
(p = 0,014), eine schlechtere subjektive Beurteilung der Medikamentenwirkung<br />
(p = 0,012) sowie eine erhöhte Bereitschaft zur Anwendung<br />
neuer NEM (p = 0,010) auf. Die am häufigsten genannten Gründe<br />
für die Einnahme von NEM sind die „Aufrechterhaltung der Ges<strong>und</strong>heit“<br />
<strong>und</strong> „Empfehlungen aus dem Umfeld“. Bei den Angaben zur Religiosität<br />
ordnete sich der Großteil bei „gar nicht“ bis „wenig religiös“ (64%), 21%<br />
bei moderater <strong>und</strong> 15% bei intensiver Religiosität ein. Patienten mit<br />
einer intensiven <strong>und</strong> moderaten Religiosität waren häufiger Frauen (61%<br />
vs. 39%; p = 0,020), Nichtraucher (p = 0,007) <strong>und</strong> nahmen häufiger NEM<br />
ein (p = 0,039; Vitamine 37% vs. 20%, p = 0,004, Mineralstoffe 37% vs.<br />
20%, p = 0,005) im Vergleich zu Patienten mit keiner oder geringer religiöser<br />
Neigung. Schlussfolgerungen: Ein sehr großer Anteil von Patienten<br />
einer Hochschulambulanz nutzt NEM um ihre Ges<strong>und</strong>heit aufrecht<br />
zu erhalten. Den behandelnden ¾rzten ist diese Selbstmedikation oft<br />
nicht bekannt. Die eingängige Annahme, dass eine größere Religiosität<br />
mit einer geringeren Einnahme von NEM assoziiert ist, hat sich nicht<br />
bestätigt. Es liegt im Gegenteil eine positive Assoziation zwischen NEM-<br />
Einnahme <strong>und</strong> der Religiosität vor. Wegen der Möglichkeit von Nebenwirkungen<br />
oder Arzneimittelinteraktionen müssen NEM in der Anamnese<br />
berücksichtigt werden. Patienten sollten über Nutzen sowie Risiko<br />
informiert werden.<br />
P266<br />
Medikamenten-Compliance im DMP Diabetes<br />
Mellitus Typ 2<br />
Hofmann F 1 , Gehrmann L 1 , Donnachie ER 1 , Fischaleck J 1 ,<br />
Keller M 1<br />
1 Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, München, Germany<br />
Fragestellung: Wichtiger Diskussionspunkt in der Ges<strong>und</strong>heitsversorgung<br />
ist die Therapietreue bei Diabetikern. Literaturangaben nennen bei<br />
oralen Antidiabtika (OAD) je nach Therapieregime <strong>und</strong> Messmethode<br />
Compliance-Werte zwischen 36% <strong>und</strong> 93% (Pharmaz. Zeitung online<br />
19/2008). Die Disease Management Programme (DMP) stellen strukturierte<br />
Behandlungsprogramme dar, die sich durch drei Faktoren auszeichnen:<br />
die regelmäßige Kontrolle des Krankheitszustands, die Schulung<br />
der Patienten <strong>und</strong> die individuelle Vereinbarung von Therapiezielen.<br />
Mittlerweile nehmen über 440.000 Patienten <strong>und</strong> 8.200 ¾rzte am<br />
DMP Diabetes Mellitus Typ 2 (DM 2) teil. Die Kassenärztliche Vereinigung<br />
Bayerns hat nun untersucht, wie sich die engmaschige Patientenführung<br />
im DMP auf die Therapietreue auswirkt. Methoden: Es wurden<br />
aus den Angaben in der DMP-DM 2-Dokumentation zur Medikation<br />
(keine; Insulin; Metformin; Glibenclamid; sonstige OAD) die Anzahl<br />
der Patienten für jede Kombination dieser Angaben bestimmt. Berücksichtigt<br />
wurden alle Patienten im ersten Halbjahr 2010 (447.117 Patienten).<br />
Analog wurde aus den Verordnungsdaten der Apotheken getrennt<br />
nach Teilnehmern am DMP DM 2 (442.534 Patienten) <strong>und</strong> anderen Patienten<br />
mit OAD (183.033 Patienten) die gleiche Analyse durchgeführt.<br />
Die Ergebnisse der DMP-Dokumentation <strong>und</strong> der Verordnungsdaten<br />
werden in aggregierter Form miteinander verglichen. Ergebnisse: Für<br />
die DMP-DM 2-Teilnehmer wurde in 22,76% „keine Medikation“ auf der<br />
DMP-Dokumentation angegeben, wohingegen von 30,67% der DMP-Patienten<br />
keine Medikamente bei der Apotheke abgeholt wurden. „Insulin“<br />
wird in 10,36% der Fälle im DMP dokumentiert <strong>und</strong> nahezu in allen<br />
Fällen auch in der Apotheke abgeholt. Metformin in Monotherapie wird<br />
laut DMP-Dokumentation in 25,75% verschrieben <strong>und</strong> in 20,71% der<br />
Fälle abgeholt. Für Kombinationen von Metformin <strong>und</strong> Insulin scheint<br />
die Compliance höher zu sein (6,03% versus 5,36%). Glibenclamid wird<br />
seltener verordnet. Hier sind in Monotherapie die relativen Unterschiede<br />
am größten (DMP 2,64% versus 0,89% Apothekerdaten) Der Vergleich<br />
zwischen DMP-DM 2-Patienten <strong>und</strong> anderen Patienten auf Basis der<br />
Apothekerdaten für OAD’s zeigt eine relativ ähnliche Medikation. Allerdings<br />
erhalten Patienten im DMP im Vergleich zu Nicht-DMP-Patienten<br />
häufiger mehr als ein Medikament. Schlussfolgerung: Von allen Patienten<br />
im DMP DM 2, die gemäß DMP-Dokumentation eine Medikation<br />
erhalten, haben 89% der Patienten die Medikamente abgeholt, was für<br />
eine relativ hohe Compliance der DMP-Teilnehmer im Vergleich mit<br />
Literaturangaben spricht. Die Compliance für orale Antidiabetika ist geringer<br />
als für Insulin, insbesondere bei Patienten, die noch in einem<br />
frühen Stadium der Erkrankung sind, oder aufgr<strong>und</strong> von Nebenwirkungen.<br />
Die Unterschiede zwischen DMP- <strong>und</strong> Nicht-DMP-Patienten sind<br />
für Metformin in Monotherapie am Größten. Hier liegt die Vermutung<br />
nahe, dass dieses Medikament in einigen Fällen auch bei einem Prädiabetes<br />
in Verbindung mit Adipositas verordnet wird.<br />
P267<br />
Ges<strong>und</strong>heitssorgen bei Patienten mit Diabetes<br />
mellitus<br />
Ziegfeld U 1 , Kloos C 1 , Först S 2 , Wolf G 1 , Müller UA 1<br />
1 Klinik für Innere Medizin III der Friedrich-Schiller-<br />
Universität Jena, Jena, Germany; 2 Praxis für<br />
Allgemeinmedizin, Ifta, Germany<br />
Hintergr<strong>und</strong>: Patienten mit chronischen Erkrankungen äußern in der<br />
Sprechst<strong>und</strong>e häufig ¾ngste bezüglich Ges<strong>und</strong>heitsrisiken <strong>und</strong> wünschen<br />
eine entsprechende Beratung. Ziel der Untersuchung war es zu<br />
ermitteln, ob sich Patienten mit chronischen Erkrankungen, insbesondere<br />
Diabetes mellitus, durch Ges<strong>und</strong>heitsrisiken bedroht fühlen. Methoden:<br />
In einer Hochschulpoliklinik für Endokrinologie <strong>und</strong> Stoffwechselerkrankungen<br />
wurden 216 Patienten mit Diabetes mellitus (85 Frauen,<br />
Alter 63,6 J, Diabetesdauer 15,6 J, BMI 30,8, HbA1c 7,8%; RR 144/85) in<br />
einem Zeitraum von November 2010 bis Januar 2011 mittels Fragebogen<br />
zu Ges<strong>und</strong>heitssorgen über Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht, Bewegungsmangel,<br />
kalorienreiche Ernährung, erhöhtes Cholesterin, Alkohol<br />
<strong>und</strong> Rauchen befragt. Ergebnisse: Als gefährlich oder sehr gefährlich<br />
im Allgemeinen schätzen die Patienten die Risikofaktoren in folgender<br />
Abstufung ein: Rauchen 89,3%, Bluthochdruck 87,5%, Übergewicht<br />
82,4%, Diabetes 77,8%, Alkohol 74,6%, hohe Cholesterinwerte 68,7%, Bewegungsmangel<br />
57,9%, kalorienreiche Ernährung 56,1%. Sorgen bezüglich<br />
der eigenen Ges<strong>und</strong>heit machen sich Patienten mit Diabetes mellitus<br />
(gleiche Reihenfolge wie oben): Rauchen 16,7%, hoher Blutdruck<br />
66,2%, Übergewicht 51,8%, Diabetes 83,8%, Alkohol 12,5%, hohe Cholesterinwerte<br />
45,9%, Bewegungsmangel 50%, kalorienreiche Ernährung<br />
41,7%. Patienten mit Sorgen oder großen Sorgen wegen des Übergewichtes<br />
haben einen signifikant höheren BMI (34,1 vs. 27,1; p = 0,00), Patienten<br />
mit Diabetessorgen weisen einen signifikant höheren mittleren<br />
HbA1c auf (7,9% vs. 7,3%; p = 0,01). Beim Blutdruck ist der Unterschied<br />
nicht signifikant (145/85 vs. 140/83; p = 0,064/0,235). Schlussfolgerung:<br />
Es fällt auf, dass Patienten mit Diabetes mellitus einer städtischen<br />
Hochschulambulanz Ges<strong>und</strong>heitsrisiken im Allgemeinen sehr häufig als<br />
gefährlich bzw. sehr gefährlich einschätzen. Für sich selbst machen Sie<br />
sich besonders um die allgemein hoch eingeschätzten Risikofaktoren<br />
Rauchen <strong>und</strong> Alkohol eher wenig Sorgen. Bei Diabetes <strong>und</strong> Bluthochdruck<br />
sind die Sorgen für die eigene Ges<strong>und</strong>heit mit 84 bzw. 66% am<br />
größten, besonders bei Patienten mit schlechter eingestelltem Diabetes<br />
<strong>und</strong> Blutdruck. Bei den anderen Risikofaktoren ist das Verhältnis zwischen<br />
den besorgten <strong>und</strong> sorglosen Patienten annähernd ausgeglichen.<br />
& Korrekturexemplar: Veröffentlichung (auch online), Vervielfältigung oder Weitergabe nicht erlaubt! &<br />
Diabetologie & Stoffwechsel 2011; 6: S1–S103