PETER HAASE et al.: DAS EUROPÄISCHE VOGELSCHUTZGEBIET (SPA) UNTERES RHINLUCH/DREETZER SEE, HAVELLÄNDISCHES LUCH ... 85– auf Ackerstandorten: Einführung von Rotationsbrachen(Prinzip der Dreifelderwirtschaft);Einrichtung eines Mosaiks vonDauerbrachen mit Mahd und Beweidung– im Grünland: Umwandlung von Saatgraslandin Dauergrünland (ohne Wiesenumbruch,Düngung und Biozideinsatz);hohe Wasserhaltung und zeitlich begrenzteÜberstauung tief liegender Bereiche;maximaler Tierbestand: 1 Großvieheinheit(GVE)/ha Grünland; Anpasssungder Wirtschaftstermine an die Lebensraumansprüchegefährdeter Arten undan hydrologische Bedingungen im Jahresverlauf.In den Belziger <strong>Land</strong>schaftswiesen stehendie Schutzmaßnahmen auf Äckern und imGrünland in engem Zusammenhang mit derRenaturierung der Fließgewässer. Die Extensivierungsmaßnahmenim Gebiet werdenmit Geldmitteln nach Artikel 16 sowie ausdem KULAP und Vertragsnaturschutz abgesichert.Brut- und Rastbestände im SPA Unteres Rhinluch/Dreetzer See, Havelländisches Luch und Belziger<strong>Land</strong>schaftswiesen 1998-2004Art Wissensch. Name Brut Rast RL BB VSRL_Anh1 SPECHöckerschwan Cygnus olor 6-10 200-350 vSingschwan Cygnus cygnus 100-300 R xZwergschwan Cygnus bewickii 120-250 x 3WRothalsgans Branta ruficollis 1-2 x 1WWeißwangengans Branta leucopsis 10Tundrasaatgans Anser fabalis rossicus 25.000-40.000Kurzschnabelgans Anser brachyrhynchus 1-3Blässgans Anser albifrons 30.000-50.000Graugans Anser anser >10 30.000 2 2Flussregenpfeifer Charadrius dubius 15 3Sandregenpfeifer Charadrius hiaticula 30Waldwasserläufer Tringa ochropus >10 RBruchwasserläufer Tringa glareola 300-500 x 3Kampfläufer Philomachus pugnax 50-200 1 x 2Zwergstrandläufer Calidris minuta
86 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 14 (3, 4) 2005; 86–88SPA 7004 – Das Europäische Vogelschutzgebiet StechlinWOLFRAM SCHEFFLERDas Europäische Vogelschutzgebiet (SPA) StechlinSchlagwörter:1 Allgemeine AngabenSPA Stechlin, nährstoffarme Seen, Laubmischwälder, Waldmoore,Höhlenbrüter, Schellente, Fischadler<strong>Land</strong>es-Nr. 7004EU-Nr. DE 2843-401Gesamtgröße: ca. 7.930 haEinbezogene Schutzgebiete:NSGFestgesetzt: StechlinLSGFestgesetzt: Fürstenberger Wald- und Seengebiet;Ruppiner Wald- und Seengebiet2 Beschreibung des GebietesDas SPA grenzt an Mecklenburg-Vorpommernund gehört zur südostmecklenburgischen(Neustrelitzer) Kleinseenlandschaft. EinEndmoränengürtel durchzieht den Nordendes Gebietes und bestimmt den steil hügeligenCharakter. Der südwestliche Teil des SPAist flacher und wird durch Sanderbildungenund ein Zungenbecken des glazialen Rhintalsgeprägt. In Schmelzwasserrinnen und Toteiskesselnliegen zahlreiche Seen, Moore undandere Feuchtgebiete, meist ohne oberirdischenAbfluss. Hydrographisch liegt das Vogelschutzgebietin einem Binnenentwässerungsgebiet.Der Reichtum an Wald, Moorenund Wasserflächen bedingt ein feucht-kühlesGeländeklima. Die Böden sind sandig bis kiesigund nährstoffarm. Kleinflächige lehmbeeinflussteStandorte beschränken sich auf denEndmoränengürtel. In den Moorsenken bildetensich Nieder- bis Hochmoortorfe aus. Esdominieren Sand-Braunerden und Sand-Braunpodsole. Pflanzengeographisch wirddas NSG durch das Zusammentreffen atlantisch-subatlantischerund borealer Florenelementegeprägt.Das Vogelschutzgebiet Stechlin ist fast durchgehendbewaldet. Der nördliche und mittlereBereich wird durch Rotbuchen-Traubeneichen-Mischwälderz. T. hoher Altersklasse geprägt.Im südlichen Raum überwiegen Kiefernwälder.Die Moore tragen teilweiseSumpfporst-Kiefernwälder. Meist kleinflächigeWiesen liegen inselartig in den Waldgebieten.Das NSG hat durch seinen Reichtum annährstoffarmen, anthropogen relativ unbelastetenKlarwasserseen eine über das <strong>Land</strong><strong>Brandenburg</strong> herausragende Bedeutung. DerStechlinsee ist der letzte nährstoffarme, oligotropheGroßsee Norddeutschlands. Naturschutzfachlichvon besonderem Wert sind seinesubmersen Wasserpflanzenbestände, vorallem aus Armleuchteralgen (Characea) undMoosen bestehend, die dem Seetyp entsprechendeMikroflora und -fauna von ungewöhnlichhoher Diversität, sowie Teile seinerFischfauna. Der Stechlinsee ist einziger mitteleuropäischerFundort weltweit seltenerMikroalgen (z. B. der Kieselalge Cyclotella tripartita)und einziger Lebensort einer Tiefenformder Kleinen Maräne (Coregonus albula),die als eigenständige Art (C. fontanae) beschriebenwurde (SCHULZ & FREYHOF 2003).Etwa 10 weitere nährstoffarme Waldseenzeichnen sich durch hohe Transparenz, ausgedehntesubmerse, characeenreiche Pflanzenbeständeund eine Mikroflora und -faunahoher Diversität aus. Ein weiteres Charakteristikumdes NSG Stechlin sind seine zahlreichenKesselmoore mit oder ohne Restseen. Sie sindVerbreitungsschwerpunkte borealer FlorenundFaunenelemente.Das Gebiet wird forstlich, jagdlich, fischereilichund touristisch, aber kaum landwirtschaftlichgenutzt. Die Gewässer sind z. T.wichtige Forschungsobjekte; ein limnologischesForschungsinstitut und eine Messstelledes Umweltbundesamtes liegen am Ostuferdes Sees. Das Kernkraftwerk Rheinsberg imZentrum des NSG wurde stillgelegt und wirdzurückgebaut. Größere Siedlungen fehlen.Abb. 1Stechlinsee3 Bedeutung alsVogelschutzgebietIn den zum SPA gehörenden NSG wurden93 Vogelarten als regelmäßige Brutvögelfestgestellt (LÜTKEPOHL & FLADE 2004). Weitere20 Arten sind unregelmäßige oder mutmaßlicheBrutvögel.Die Laubmischwälder hoher Altersstufe(>100 Jahre) haben mit 7 BP/ha die größteVogeldichte aller Lebensräume im Gebiet.Davon sind 40 bis 60 % der Arten Höhlenbrüter.Faunistisch bemerkenswert ist die hoheAbundanz von Schwarzspecht, Hohltaubeund Schellente sowie das Vorkommen desZwergschnäppers (Westgrenze seines Verbreitungsgebietes),des Mittelspechtes unddes Mauerseglers (Baumbrüter). Letzterer istallerdings seit Jahren nicht mehr bestätigt.Die häufigsten Waldbewohner sind Buchfinkund Rotkehlchen. In bodenfeuchten Waldgebietenund Mooren siedelt die Waldschnepfein vermutlich hoher Dichte und esFoto: W. Scheffler